[134] Neue Hütte im Wimmelburger Goldgrund


In der Zeit von 1790 bis 1801 produzierende Hütte am Lichtloch 64 des Froschmühlenstollens in Wimmelburg. 2021 erfolgte der Abriss der Gebäude.



Objektbeschreibung

Die in der Objektbeschreibung verwendeten Informationen sind der vom Kultur- und Heimatverein Wimmelburg e.V. am Standort der Neuen Hütte errichteten Informationstafel „Wasserkunst und Neue Hütte“ entnommen. Den Aktivitäten dieses Vereins ist es zu verdanken, dass am Standort der ehemaligen Neuen Hütte der Nachwelt fundierte Informationen zu diesem bemerkenswerten Zeugnis Mansfelder Hüttenkunst erhalten bleiben. Verständlich, dass hier, wie an vielen anderen Stellen im ehemaligen Mansfelder Revier, die Kraft ehrenamtlicher Vereine nicht ausreicht, gegen den Verfall der noch vorhandenen Substanz anzugehen.

Umso bedauernswerter ist es, dass der Erhalt solcher einmaligen Relikte aus 800 Jahren Berg- und Hüttenwesen für die Öffentliche Hand unserer Region nur eine untergeordnete Rolle spielt: Das Landesverwaltungsamt hat mit Stand August 2020 die Genehmigung zum Abbruch des Gebäudekomplexes erteilt. Dafür stehen auch Fördermittel zur Verfügung. 2021 ist der Gebäudekomplex abgerissen worden. Erhalten werden soll lediglich "ein Kellergewölbe", in dem Fledermäuse gesehen worden sind. Zugang natürlich nur für Fledermäuse - auch, wenn diese kein Interesse an der einmaligen Historie des Standortes zeigen sollten. Im abgerissenen Komplex sind keine dieser Tiere gefunden worden ... leider; uns wären sie als potenzielle "Retter" bestimmt willkommen gewesen! Was Denkmalschutz nicht konnte, hätte Artenschutz bestimmt bewirkt.

Gebäude der Neuen Hütte und vom Kultur- und Heimatverein Wimmelburg e.V. errichteter Informationspunkt
(Foto Sauerzapfe 2018)

 

 

Der Bau der Hütte und einer Wasserkunst im Lichtloch 64 des Froschmühlenstollens resultiert aus einem 1786 gefassten Beschluss der Mansfeldisch-Eislebischen Gewerkschaften. Die Realisierung erfolgte auf der Grundlage eines Projektes des Freiberger Kunstbaumeisters Johann Friedrich Mende.1790 konnte das erste Hüttenfeuer angeblasen werden. Die Hütte produzierte bis 1801.

Ehrenberger Ofen
Teilansicht des Ofenhauses 2012

Auf der Hütte wurde dafür ein vom Mansfelder Hüttenmeister Ehrenberg entwickelter und 1721 erstmals gebauter Ofentyp eingesetzt.

 

 

 

Die "Neue Hütte" bei Wimmelburg war der einzige Hüttenstandort im Mansfelder Revier auf dem noch Teile dieses Ofentyps vorhanden gewesen sind.

 

Bis zum Abriss 2021 erhalten waren:

  • das komplette Hüttengewölbe
  • die Ofenrückwände
  • die Ofenfundamente
  • eine Ofenseitenwand
  • eine Winddüse
  • die kompletten Luttkanäle unterhalb der Ofensohle

 

Schematische Darstellung der Wasserkunst im Lichtloch 64 (Schacht Aa = LL 64 (F)) des Froschmühlenstollens nach dem Projekt des Kunstbaumeisters J.F. Mende vom 23. Dezember 1786; erstellt von R. Mirsch 2011

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Nachnutzung der Hüttensubstanz nach Stilllegung

Der Vergleich des Lageplanes der Hütte aus der Zeit um 1800 mit dem von 1864 vermittelt einen guten Eindruck von der Nachnutzung nach Einstellung der Verhüttung.

Lageplan um 1800
Lageplan um 1864

 

Magazin und Ausgabestelle für Getreide

  • Bereits zu Betriebszeit der Hütte im Jahr 1800 beschloss man die Einrichtung eines Getreidemagazins zur Versorgung von Belegschaftsangehörigen.
  • 1820 werden zwei Korndarren zur Getreideröstung aufgebaut, um das Getreide durch Rösten länger lagerfähig zu machen.
  • Ab 1863 erfolgt die Ausgabe der Rationen auch in Form von Mehl; ab den 90er Jahren auch als Brot
  • 1893 letztmalige Ausgabe von Brot

Faktorei (Materialverwaltung für Hütten und Schächte des Reviers)

Dazu gehörten meistens, wie auch zur Faktorei auf der Neuen Hütte, Werkstätten z. B. zur Selbstanfertigung spezieller Ersatzteile und Vorrichtungen.Auf Grund der in der komplexen Schacht-, Kunst- und Hüttenanlage installierten Maschinen bestand dieses Erfordernis hier schon zu Betriebszeiten in besonderem Maße.

  • 1801 Abriss des alten Zimmerhauses und Einrichtung der Zimmerei auf dem Beschickungsboden des Hüttengebäudes. Die ehemalige Kunstwärterstube wurde Nagelkammer. Die Schmiede verblieb im Maschinenhaus. Räume über dem Maschinenschacht wurden Holzlager.
  • 1808 Fertigstellung eines neuen Holzschuppens, sowie eines neuen Pulvermagazins.
  • 1824 Bau eines neuen, größeren Zimmerschuppens.
  • 1839 wurden im Ottiliae-Schacht bei Helbra Drahtseile eingesetzt, die auf der Neuen Hütte hergestellt wurden.

Bis wann diese Seilproduktion lief bzw. die Faktorei noch betrieben wurde ist nicht bekannt. Es ist anzunehmen, dass sich ihr Fortbestand ab 1848 mit der Einrichtung einer zentralen Maschinenwerkstatt für alle Mansfeldbetriebe auf der Saigerhütte bei Hettstedt erübrigte.

Die Wohnnutzung

Diesem Zweck dienten Gebäudeteile der Neuen Hütte seit Fertigstellung des Hauptgebäudes 1790, also über 200 Jahre hinweg, bis in die 1990er Jahre - in einem Einzelfall noch darüber hinaus. –

  • Der Südturm des einst symmetrischen Bauwerks wurde ausschließlich für Wohnzwecke erbaut. Hier wohnten, auch über die Betriebszeit der Hütte hinaus, bevorzugt Berg- und Hüttenbeamte. 
    • Nach Stilllegung der Betriebsanlagen wurden kurzzeitig zwei Wohnungen im Nordflügel des Hauptgebäudes eingerichtet und bezogen, die schließlich dem Getreidemagazin weichen mussten.
    • Am 21.02.1865 genehmigte der Königliche Landrat, Herr von Kerßenbrok, die "Einrichtung eines Schlafhauses für entfernt wohnende und unverheiratete Bergarbeiter auf Neue Hütte bei Wimmelburg".
    • Am 21.06.1865 meldete der Oberberg- und Hüttendirektor Ernst Leuschner die "Einrichtung einer Schlafanstalt auf Neue Hütte bei Wimmelburg". Dafür wurde ein Wohngebäude genutzt, das erstmals auf dem Riss von 1864 dargestellt ist. Erster Hausmeister war Fährsteiger Timme.
    • Nach Schließung des Getreidemagazins und zweckentsprechenden Umbauten wurden die verbliebenen Gebäude ab 1914/15 ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt.

Zeittafel

[XXX]

Zeitpunkt bzw.  von 

bis

Ereignis

 

 

 

 

 

1786

 

Beschluss der Mansfeldisch-Eislebischen Gewerkschaften einen neuen Kunstbau, sowie eine Hütte beim Lichtloch 64 des Froschmühlenstollens zu bauen.

Projektauftrag an: Johann Friedrich Mende (1743 - 1798) Kunstbaumeister aus Freiberg

 

 1786

 

Befahrung mit Mende (am 17. Oktober)

 

1786

 

Mende überreicht am 23. Dezember sein ausgearbeitetes Projekt

 

1787

 

im Frühjahr Baubeginn

 

1790

 

am 21. September wird das erste Hüttenfeuer angeblasen

 

1792

 

Inbetriebnahme der Wasserkunst entsprechend Projekt 

 

1794

 

Inbetriebnahme der gesamten "Neuen Hütte"

 

1800

 

Anstieg der Wasser im Kunstschacht Aa (= Lichtloch 64). Die tieferen Baue werden gänzlich unzugänglich. Ein Hüttenfeuer wird kalt gelegt.

 

1801

 

am 27. August erfolgt die Stilllegung der "Neuen Hütte"

 

ab 1801

 

Nachnutzung der Übertageanlage durch die Mansfelder Gewerkschaften bzw. deren Rechtsnachfolger bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts.

  2021   Beseitigung der noch vorhandenen Substanz
     

Quelle: H. Pangert in: Nappian und Neuke 8/1935 Seite 5 u. 6

(Letzte Aktualisierung: März 2021)


Bildergalerie

 

 

 

Wasserkunst im Lichtloch 64 des Froschmühlenstollens
Lageplan der Neuen Hütte um 1864 (Quelle Infotafel am Standort)
Mansfelder Hoher Ofen nach Ehrenberg (Quelle Infotafel am Standort)
Teilansicht des Ofenhauses im Jahr 2012 (Quelle Infotafel am Standort)
Lageplan der Neuen Hütte um 1800 (Quelle Infotafel am Standort)
Die Neue Hütte bei Wimmelburg 1794
Gebäude der Neuen Hütte und Rastplatz (Foto Sauerzapfe)
Schlackenreste an der Neuen Hütte (Foto Sauerzapfe)
Neue Hütte und Halde Lichtloch 64 (Foto Sauerzapfe)
Neue Hütte (Foto Sauerzapfe)

Weitere Informationen

  • Standortbeschreibung:

    Der historische Hüttenstandort liegt am nordwestlichen Ortsrand Richtung Goldgrund. Er ist gut zu Fuß und auch mit PKW erreichbar. Ein Rastplatz und eine ausführliche Informationstafel laden zum Verweilen ein. Ein Stück des Weges weiter in den Goldgrund hinein erreicht man die Lutherhalde; eine Halde mit Schlackenresten aus der Lutherzeit - vermutlich die Halde einer Hütte, die von Hans Luder (Luthers Vater) betrieben worden ist.

  • Geodaten:
    51.524264,11.495711
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