[060] Krughütte, später Karl-Liebknecht- Hütte


Mit der Inbetriebnahme der ersten Tiefbau-Großförderanlagen für die Förderung des Mansfelder Kupferschiefererzes in der Mitte des 19. Jahrhunderts wuchsen die Erzmengen deutlich an. So wurde die Errichtung neuer Hüttenkapazitäten notwendig. Die Krughütte bei Eisleben war die erste dieser Großhütten. Sie ging am 25. April 1870 in Betrieb. Die Hütte wurde 1972 still gelegt.



 Objektbeschreibung

Krughütte in den 1960er Jahren, im Vordergrund die Millionenbrücke (Foto Mansfeldarchiv)

Zur Ausweitung der Kupfererzeugung entstanden seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Mansfelder Land die ersten Tiefbau-Großförderanlagen zur Gewinnung des Mansfelder Kupferschiefererzes. Ihre großen Fördermengen im Raum Eisleben / Helbra waren durch die im Territorium befindlichen Hütten, die Mittel- und die Oberhütte bei Eisleben, nicht mehr verarbeitbar.

Ein Hüttenneubau im Raum Eisleben war nötig. So entstand ab 1868 eine neue Hütte, die am 25. April 1870 in Betrieb ging. Sie hieß ab 1872 „Krughütte“. Namensgeber war Otto Ludwig Krug von Nidda, geb.1810 in Sangerhausen, Absolvent der Bergschule Eisleben und 1863 Oberberghauptmann in Preußen.

Erstmalig kamen Großschachtöfen zum Einsatz, die mit 120–130 t Erz/Tag das siebenfache der damals in den Mansfelder Hütten verwendeten Schmelzöfen durchsetzen konnten. Nach dem schon über Jahrhunderte bekannten Mansfelder Verfahrensprinzip wurde auch in der neuen Hütte das Kupferschiefererz in diesem großen Schachtofen zu Kupferstein, einem Zwischenprodukt auf dem Weg zum reinen Kupfer geschmolzen. Kupferstein besteht vorwiegend aus Kupfer, Eisen und Schwefel. Die Weiterverarbeitung erfolgte auf den Hettstedter Feinhütten.

Mit drei dieser großen Öfen verschmolz die Hütte 1885 bereits etwa 100.000 t Erz. Mit dieser Leistung machte sie die Mittelhütte und die Oberhütte in Eisleben, aber auch die Friedeburger Hütte sowie die Kreuz-Hütte bei Leimbach überflüssig. Bis 1900 hat die Hütte 5 Öfen erhalten und erreichte eine Leistung von 220.000 t Erz/Jahr.

Die durch den hohen Durchsatz entstandenen Transportprobleme wurden bereits 1871 durch Errichtung der ersten Drahtseilbahn auf dem europäischen Kontinent zwischen der Krughütte und den Martins-Schächten in Kreisfeld gelöst. Erst 1902 beginnt die Erzversorgung über die Schmalspurbahn.

Technische Konsequenzen durch den Einsatz der leistungsstarken Öfen lagen insbesondere in den großen, den Öfen entströmenden Staub- und Gasmengen, die nicht mehr unkontrolliert in die Atmosphäre abgefackelt werden konnten sowie in den wesentlich größeren Mengen heißer Schlacke, die kontinuierlich von den Öfen abtransportiert werden musste. Auf dem Gebiet der Abgasbeherrschung wurde durch die Mansfelder Ingenieure über Jahrzehnte umfangreiche und auch überregionale Metallurgiegeschichte geschrieben. Die Erfassung der Abgase, ihre Abreinigung, die Verwendung des Gichtgases bereits seit 1876 zur Dampferzeugung und die Verarbeitung der komplizierten Blei-Zink-Stäube gehören zu den Besonderheiten des Mansfelder Hüttenprozesses.

Schlacke wurde großtechnisch für die Pflastersteinproduktion genutzt. Im Jahre 1873 sind die ersten 2000 Pflastersteine gegossen worden, 1905 waren es bereits etwa 17 Millionen Stück.

Um das seit Beginn der Verhüttung des Kupferschiefererzes vor dem Schmelzen im Schachtofen notwendige „Schieferbrennen“ zu umgehen, erprobte man vor dem 1. Weltkrieg auf der Kupferkammerhütte in Hettstedt einen amerikanischen Wassermantelofen. In diesen Ofen gelang das Schmelzen der „rohen“ also ungebrannten Schiefern. Auf Grund der guten Ergebnisse; die Durchsatzleistung lag mit mehr als 500 t Erz/Tag über dem Doppelten der alten gemauerten Rundöfen, plante und baute man eine neue Schmelzanlage neben der alten Krughütte. Der erste Ofen ging bereits 1916 in Betrieb. Kriegsbedingt verzögerte sich der weitere Ausbau. Erst 1924, nach Fertigstellung der Gasreinigungsanlagen, konnte die neue Hütte einen 2-Ofen-Betrieb aufnehmen. Von 1936–1942 standen 3 Öfen in Betrieb. Die im Ergebnis einer Nassabreinigung der Schachtofengase mit Theisenwäschern anfallenden Schlämme wurden entwässert und wegen ihrer hohen Gehalte an Blei, Zink und vielen Spurenmetallen zur Weiterverarbeitung auf die Bleihütte Hettstedt gebracht.

Für die damalige Zeit war die Hütte das Musterbeispiel einer Industrieanlage. Sie war übersichtlich, geräumig und für eine Hütte gut belüftet. Sie besaß eine zweckmäßige Anordnung der Neben- und Hilfsanlagen und einen optimalen Transportfluss, auch ermöglicht durch ihre Lage an einem Hang.

Im Verlauf des 2. Weltkrieges ging der Erz-Durchsatz wegen Arbeitskräftemangel zurück. Erst im Jahr 1953 hatte die Hütte wieder ihre Vorkriegsleistungen erreicht.

1950 wurde die Krughütte in Karl-Liebknecht-Hütte umbenannt.

In den 1960er Jahren konnten Schmelzleistungen bis zu 800.000 t Erz/Jahr erreicht werden. Wegen der besseren territorialen Erweiterungsmöglichkeiten gab man im Konzentrationsprozess der Rohhütten des Mansfeld Kombinates der August Bebel-Hütte in Helbra den Vorrang. Deshalb wurde die Karl-Liebknecht-Hütte 1972 still gelegt. Der Abriss begann bereits in den 1980er Jahren.

Auf dem sanierten Territorium entstanden neue Industrie- und Gewerbeansiedlungen. So wurde unter anderem auf dem Gelände des ehemaligen Zentrallabors, das sich auf dem Hüttengelände befand, eine Tankstelle errichtet.

Das Bild des Standortes wird noch immer von einer großen Brücke geprägt, die um die Jahrhundertwende zum Anschlusses der Hütte an die Reichsbahnstrecke Halle-Kassel gebaut wurde und heute noch wegen der hohen Baukosten “Millionenbrücke„ genannt wird.

Weit sichtbar sind im Norden und Westen hinter dem Hüttenterritorium die schwarzen Schlackenhalden. Sie entstanden in einem Zeitraum von 100 Jahren aus den im Hüttenprozess anfallenden Schlacken. Die Schlacke findet nun Verwendung im Straßenbau. Im Territorium lagern immer noch rund 20 Millionen Tonnen dieses industriellen Abproduktes. 

Im Jahr 2012 wurde auf dem Gelände der Krughütte und auf der Schlackehalde einer der größten Solarparks der Region, bestehend aus über 121.000 Photovoltaik-Modulen mit einer Gesamtleistung von 29 Megawatt, errichtet. 

29 MW Solarpark auf dem Gelände der ehemaligen Krughütte (Quelle: Parabel AG/ Brandenburger)

Zahlen und Fakten

In fast 800 Jahren wurden im Mansfelder Land insgesamt 109 Millionen t Kupferschiefererz gefördert und daraus, zeitweise ergänzt durch andere kupferhaltige Zuschläge, 2,6 Millionen t Kupfer produziert.

Einen gewichtigen Anteil an dieser Menge hatte auch die Krug- bzw. Karl-Liebknecht-Hütte im Verlauf ihrer 100jährigen Tätigkeit. Ihr Hauptprodukt, der Kupferstein, ein Zwischenprodukt vorwiegend aus Kupfer, Eisen und Schwefel bestehend und in Schachtöfer erschmolzen, wurde zur Weiterverarbeitung auf Reinstkupfer zu den Hettstedter Hüttenbetrieben transportiert.

Grundsätzliche technologische Unterschiede in der Verarbeitung des Erzes auf den beiden Rohhütten bestanden nicht.

Die Schachtofen der Krughütte hatten aber im Gegensatz zu den Schachtöfen der Kochhütte, die mit runden Öfen arbeitete, einen rechteckigen Querschnitt im Bereich der Düsenebene.

Wichtige Nebenprodukte der Erzverarbeitung waren:

  • die Schachofenschlacke, verwendet als Strassenschotter , Schlackensteine , Wickelschlacken als Baumaterial
  • die Eisensau, ein schwerschmelzender Rückstand in den Vorherden der Schachtöfen zur Ausgewinnung von: Kupfer, Nickel, Kobalt, Molybdän, Silber, Gold, Eisen, Rhenium
  • die Flugstäube des Schmelzprozesses, verwendet zur Ausgewinnung von Blei und Zink sowie anderen seltenen Metallen (u.a. Germanium und Rhenium)

In einem Nebengebäude der Hütte wurde nach einem von der Mansfeld AG entwickelten Verfahren seit 1940 Vanadinpentoxid ausgewonnen. Vanadin als einer der Inhaltsstoffe des Kupferschiefers konzentrierte sich beim Umschmelzen des Kupfersteins vor seiner Weiterverarbeitung auf der Bessemerei in der dabei anfallenden Schlacke, die zur Ausgewinnung des Vanadins nach Eisleben transportiert wurde.


Zeittafel

[060] Zeitpunkt bzw.  von  bis Ereignis
  1868 1870 Errichtung der Krughütte
       
  1871   Bau einer Drahtseilbahn zwischen Martinsschacht und Krughütte zum Transport des Kupferschiefererzes
       
  1873   Beginn der großtechnischen Produktion von Pflastersteinen aus Schachtofenschlacke
       
  1876   Verwendung der gereinigten Gichtgase für die Dampferzeugung und Stromerzeugung
       
  1900   Bau der Millionenbrücke über die heutige L 151. Anschluss des Hüttenterritoriums an die Reichsbahnstrecke Halle - Kassel
       
  1913   Erfolgreiches Versuchsschmelzen von rohen, nicht gebrannten Kupferschiefererz in einem amerikanischen Wassermantelofen auf der Kupferkammerhütte in Hettstedt.
       
  1916   Erweiterung der Krughütte mit einem dieser neuen Wassermantelöfen 
       
  1918   Bau einer Bandsinteranlage zum Agglomerieren des Feinerzes
       
  1924   Abschluss der Erweiterung der Hütte durch Errichtung eines 2. Ofens (Verzögerung durch den 1. Weltkrieg) und Außerbetriebnahme der alten Krughütte.
       
  1925   Ausbau des Schlackenplatzes von 40.000t Schlackensteine im Jahr auf 150.000t pro Jahr 
       
  1936 1942 Vollausbau der Hütte, der 3. Ofen ist in Betrieb
       
  1951   Umbenennung der Krughütte in Karl Liebknecht-Hütte
       
  1960   In den 60er Jahren Erreichung einer maximalen Schmelzleistung von ca. 800.000 t/Jahr
       
  1972   Stilllegung der Hütte
       
  2012   Errichtung eines Solarparks auf dem Gelände der Krughütte und auf der Schlackehalde

Literatur

Beiträge im Mansfeld-Echo:

(Letzte Aktualisierung: Januar 2019)


 Bildergalerie

 

 

PM 29 20220509 Ferienprogramm Pfingsten
Krughuette
Krughütte in den 1960er Jahren, im Vordergrund die Millionenbrücke (Foto Mansfeldarchiv)
29 MW Solaranlage - Krughütte (Luftaufnahme Parabel AG Brandenburger)
Krughütte um 1910 im Vordergrund Schlackenplätze (Foto Mansfeldarchiv)
Historische Aufnahme der Millionenbrücke im Hintergrund die Krughütte (Archiv Hammann)
Krughütte nach Abriss der Schmelzanlagen (Foto Mansfeldarchiv)
Krughütte: ... wenn die Abgasreinigung nicht funktionierte (Foto Mansfeldarchiv)
Schieferbrennen auf der alten Krughütte (Foto Mansfeldarchiv)
Millionenbrücke, im Hintergrund die Schlackenhalde der Krughütte (Foto Sauerzapfe)

Weitere Informationen

  • Standortbeschreibung:

    Die Hütte liegt an der Stadtgrenze von Eisleben in Richtung Wimmelburg unmittelbar an der L 151, wo diese im Bereich der Hütte von der "Millionenbrücke" überspannt wird.

    Das Territorium der ehemaligen Krug- bzw. Karl-Liebknecht-Hütte mit "Millionenbrücke" und Schlackenhalde sind besonders gut einzusehen bei einer Wanderung auf dem “Karl Hebner-Weg“ entlang des Hüneburgrückens von Eisleben nach Wimmelburg / Wolferode über die alten Otto-Schächte I und III. Unterwegs wird auch auf den Standort der Drahtseilbahn verwiesen, mit der in den 1890er Jahren das Erz von den Otto-Schächten auf die Hütte transportiert wurde.

  • Geodaten:
    51°31'30.76"N 11°31'28.32"E
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