[043] Wolfschacht, später Fortschrittschacht


Der Wolfschacht, 1949 in Fortschrittschacht umbenannt, ist eine der drei Großschachtanlagen der Mansfelder Mulde. Er wurde in den Jahren 1906 bis 1909 abgeteuft und war bis 1967 in Betrieb. Seine weithin sichtbare Spitzkegelhalde erreicht eine Höhe von rund 153 m.



Anmerkung

Eine leider an dieser Stelle notwendig gewordene „Anmerkung“:

Der ehemalige Kupferschacht, genauer gesagt eine nicht genutzte Teilfläche des ehemaligen Grubengeländes, hat in den letzten Jahren traurige Berühmtheit weit über die Grenzen des Mansfelder Landes erlangt. 2022 wurde das Gelände (Verkehrswert 2.600 Euro; veranschlagte Kosten für Abriss der Ruinen 400.000 €) zwangsversteigert und umgehend vom Erwerber als „Goldgrube am Kupferschacht!“ zum Kauf angepriesen. (Wer mehr dazu lesen möchte wird in der Mitteldeutschen Zeitung fündig.) Da diese „gewinnbringende“ Vermarktung offensichtlich fehlgeschlagen ist, wurde der Auktionsbetrag natürlich nicht bezahlt! Im Ergebnis gab es am 29.02.2024 wieder eine Zwangsversteigerung (Siehe auch hierzu die Mitteldeutschen Zeitung) auf der erneut ein Interessent „von außerhalb“ zugeschlagen hat. Der Bieter wurde von Herrn Karl-Leo Spettmann begleitet, einem in ganz Deutschland bekannten Immobilienunternehmer. Ausgang dennoch offen, die Stadt beantragte die vorläufige Einstellung des Verfahrens. Es gab Zweifel an der Echtheit des Schecks für die Sicherheitsleistung des "erfolgreichen" Bieters. ...Vermutlich folgt eine weitere Runde.

Parallel dazu taucht neu im Internet in den Kleinanzeigen das Objekt als Gegenstand eines Internet Fundraising-Projektes auf. Es schadet übrigens nicht, wenn man auf dieser Seite unter "Rechtliche Angaben" und "Andere Anzeigen des Anbieters" nachsieht, wer die Stelle anbietet! In der Stellenausschreibung ist auch auf unsere Seite [043] Wolfschacht, später Fortschrittschacht verlinkt (deshalb auch diese Anmerkungen). Wir freuen uns (fast) immer, wenn wir Beachtung finden, das muss aber nicht heißen, dass wir auch mit den Dingen, die auf uns verweisen, etwas zu tun haben möchten! Das Nutzen von Verlinkungen können wir nicht beeinflussen. Es steht uns nicht zu, die in der Stellenausschreibung geäußerten Vorstellungen zur Verwertung zu kommentieren. Aber einige Anmerkungen seien dennoch gestattet. Laut Stellenausschreibung geht es darum, „den Erhalt der Gebäude und des Geländes des Wolfschacht/Fortschritt Schachts auf ca. 18.000 Quadratmeter zu unterstützen.“ Das Hauptgelände wurde und wird nach wie vor gewerblich genutzt und war auch nicht Gegenstand der Versteigerung … oder handelt es sich bei den 18.000 Quadratmeter nur um die Fläche des Spekulationsobjektes über das die Zeitung berichtet hat? Wer sich mit dem Angebot in der Stellenausschreibung näher befassen möchte, sollte sich im Vorfeld auch vergewissern, wie man sich ein Wiederaufleben der Kupfermine vorzustellen hat. Die Mansfelder Mulde ist ausgeerzt, der Schacht wurde 1967 abgeworfen, die Schachtröhre ist verfüllt und die ehemaligen Grubengebäude geflutet. Sicher, die Rohstoffsituation in der Welt hat sich geändert. Aber soweit wir es beurteilen können, ist im Einzugsbereich der ehemaligen Grube "bisher kein Kupfererz nachgewachsen".


Objektbeschreibung

Fortschrittschacht etwa 1960 (Foto Mansfeldarchiv)

Der ca. 600 m tiefe Wolfschacht bei Volkstedt wurde in den Jahren 1906 bis 1909 abgeteuft. Sein Namensgeber, Justizrat Dr. Theodor Wolf aus Altenburg, war Deputierter und Hauptaktionär der Mansfeldschen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft. Der Wolfschacht sollte nach Fertigstellung und Inbetriebnahme den ca. 3 km weiter westlich gelegenen Hohenthal-Schacht ablösen, dessen Lagerstättenbereich zwischen der 3. und 6. Sohle weitestgehend abgebaut war.

Abteufarbeiten am Wolfschacht um 1906 (Sammlung König)

Beim Abteufen des Wolfschachtes traf man auf zwei Kaliflöze von 24 m bzw. 4 m Mächtigkeit. Das führte zur Gründung des Kalisalzbergwerkes Wolfshall. Ohne den weiteren Ausbau des Wolfschachtes zur Kupferschieferförderung zu behindern, wurden in den Jahren 1911 bis 1914 aus der Schachtröhre des Wolfschachtes heraus zwei Kalisohlen aufgefahren. Das dabei gewonnene Kalisalz transportierte man mittels einer im Jahr 1913 fertig gestellten Drahtseilbahn zur Weiterverarbeitung nach Eisleben. Mit Ausbruch des I. Weltkrieges endete der Betrieb von Wolfshall.

In den Jahren 1917 bis 1923 erfolgte die Anbindung des Wolfschachtes an das Streckennetz der Mansfelder Bergwerksbahn. Der Bau der Bahnstrecke gestaltete sich auf Grund der Geländemorphologie sehr aufwendig. Es mussten vier Brückenbauwerke errichtet werden. Die größte Brücke, die „Vogelsangbrücke“, wurde am 20. Mai 1951 in „Brücke der Freundschaft“ umbenannt.

Im Jahr 1923 war der Ausbau der Über- und Untertageanlagen zu einer Großschachtanlage so weit vorangeschritten, dass am 20. Juli 1923 die Erzförderung aus der Schachtröhre des Wolfschachtes aufgenommen werden konnte. Bis dahin lief die Erzförderung über den Hohenthal-Schacht. Die Belegschaftsstärke wuchs jetzt sprunghaft von ca. 1000 Mann (Jahr 1920) bis auf ca. 4000 Mann (Jahr 1930); so wurde auch die Belegschaft des Hohenthal-Schachtes weitgehend zum Wolfschacht umgesetzt.

Das Foto ist in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstanden.

In den Jahren 1925 bis 1940 versuchte man, die Abbauleistung durch den Einsatz neuer technischer Anlagen und Verfahren (z.B. Schüttelrutschen, elektrische Huntehaspel, Geradstrebe) zu steigern. Der Erleichterung der Personenfahrung diente in den Jahren 1933 bis 1934 die Inbetriebnahme von zwei unabhängig voneinander laufenden Personenseilbahnen zwischen der 7. bis 9. Sohle. In der Streckenförderung setzte sich die Lokomotivförderung durch. 1936 konnte man deshalb die untertägige Förderung mit Pferden vollständig einstellen. 1953 erfolgte die Inbetriebnahme einer Zahnradbahn zwischen der 7. bis 10. Sohle.

In der übertägigen Förderung nahm im Jahr 1951 die Höhenfördereranlage den Betrieb auf. Damit begann die Aufschüttung der Spitzkegelhalde. 1949 war das Jahr der Umbenennung des Wolfschachtes in Fortschrittschacht. Im gleichen Jahr kamen durch einen Strebbruch fünf Bergleute ums Leben. Im Jahr 1952 gab es eine Methangasexplosion. Sie hatte u .a. die Einführung des elektrischen Geleuchts im Kupferschieferbergbau zur Folge. Bei einer weiteren Gasexplosion im Jahr 1960 verloren zwei Bergleute ihr Leben. Vier wurden schwer verletzt.

In den Jahren 1950 bis 1960 bewegte sich die Belegschaftsstärke zwischen 4000 und 5000 Personen. Beginnend mit dem Jahr 1960 erfolgte eine planmäßige Umsetzung von Arbeitskräften des Fortschrittschachtes in das Sangerhäuser Revier. Im Jahr 1966 wurde der Fortschrittschacht eine Betriebsabteilung des Otto Brosowski-Schachtes, bevor man am 8. Dezember 1967 die Erzförderung endgültig einstellte. Im Jahr 1971 wurde die Schachtröhre verfüllt. Anschließend demontierte und verschrottete man das Fördergerüst. Gleiches geschah mit den Brücken der Bergwerksbahn (z.B. Vogelsangbrücke).

In den Gebäuden des Fortschrittschachtes begann 1968 die Produktion von Stahlrohrmöbeln. Dafür richtete man das ehemalige Reviergebäude mit Lohnhalle und Kauentrakt, bei weitestgehender Erhaltung der vorhandenen Bausubstanz, her. Von 1985 bis zur Wende sind hier auch Handbohrmaschinen produziert worden. Die im Jahr 1995 gegründete „projekt Schul- und Objekteinrichtungen GmbH“ setzt am alten Schachtstandort die Produktion von Schul- und Büromöbeln bis heute fort.


Zahlen und Fakten

Gesamtförderung des Wolf-/Fortschrittschachtes 1906 – 1965:

  • 16,800 Mio Tonnen Erz
  • 0,350 Mio Tonnen Kupfer  

Haldenkomplex:

  • Fläche ca. 26 ha
  • Bergehalde ca. 8,5 Mio m³,
  • Höhe Spitzkegelhalde ca. 153 m
  • Ausschlägehalde (Aussortierte Armerze), ca. 0,100 Mio m³, Höhe Halde ca. 53 m 

Teufenmäßige Erstreckung des Grubengebäudes des Wolf-/Fortschrittschachtes:

  • 6. Sohle (ca. 298 m unter NN)
  • 13. Sohle (ca. 741 m unter NN)

Zeittafel

[043] Zeitpunkt bzw.  von  bis Ereignis
  1906   Im Frühjahr Aufnahme der Vorbereitungsarbeiten (z.B. Errichtung hölzernes Treibhaus, Fördermaschinengebäude, Werkstätten, Revierhaus, Kauen) zum Abteufen
       
  30.06.1906   Beginn der Abteufarbeiten des Wolfschachtes im Rahmen einer Schachttaufe, es waren ca. 100 Mann Abteufbelegschaft angelegt
       
  09.1908   Bei 394 m Teufe trifft man auf ein 24 m mächtiges Kaliflöz 
       
  02.02.1909   Das Kupferschieferflöz wird bei 542 m durchteuft
       
  03.06.1909   Es kommt zu dem ersten von insgesamt 147 ausgewiesenen tödlichen Unfällen während der gesamten Betriebsdauer des Wolf-/Fortschrittschachtes (1906-1971) 
       
  07.1909   Die geplante Endteufe des Wolfschachtes ist erreicht
       
  29.03.1910   Der Namensgeber des Schachtes, Dr. Wolf, verstirbt im Alter von 76 Jahren in Altenburg
       
  1913   Belegschaftsstärke ca. 200 Mann
       
  1911 1914 Betriebszeit des Kalibergwerkes Wolfshall, Auffahrung von zwei Kalisohlen; ab 1913 Transport der Kalisalze zur Weiterverarbeitung mittels Drahtseilbahn nach Eisleben   
       
  1911 1923 Ausbau des Wolfschachtes zu einer Großschachtanlage unter den erschwerten Bedingungen des I. Weltkrieges
       
  1921   Übernahme der Werksdirektion durch Dr. Gillitzer,  Einsetzung des Obersteigers Loreck als Betriebsführer des Wolfschachtes, ca. 1000 Mann Belegschaft; Erzförderung erfolgte untertage zum Hohenthal-Schacht II
       
  1917 1923 Anschluß des Wolfschachtes an das Streckennetz der Mansfelder Bergwerksbahn
       
  20.07.1923   Aufnahme der Erzförderung des Wolfschachtes als eigenständige Schachtanlage
       
  02.07.1925   Vorkommnis in der Schachtförderung (Übertreiben) ohne Personenschäden
       
  06.07.1925   Vorkommnis in der Schachtförderung (Übertreiben) ohne Personenschäden
       
  26.07.1925   Benzolbrand in der 6. Sohle, die Benzollokomotiven wurden daraufhin durch elektrische Lokomotiven ersetzt
       
  1925   Versuche zur Mechanisierung der Abbauförderung durch den Einsatz von Schüttelrutschen
       
  1926   Versuchsweiser Einsatz einer maschinellen Haldensturzbrücke („Eiserner Bergmann")
       
  1927   Belegschaftsstärke 4023 Mann
       
  1928   Im Ausrichtungsbetrieb des Flaches III (8. zur 9. Sohle) entzünden sich beim Sprengen brennbare Wetter; auftretende Brandgase (CO) behinderten Betrieb, Flutung des Flachens
       
  1928   Der Wolfschacht hat einen Anteil von 58% an der Gesamtförderung aller Schächte 
       
  1929   Erste Geradstrebversuche; 16 Schüttelrutschen sind in der Abbauförderung eingesetzt
       
  1930   Der Einsatz des elektrischen Huntehaspels in der Abbauförderung bewährt sich, dagegen verlaufen die Versuche mit elektrisch betriebenen Schrämmaschinen negativ
       
  1932   Das Niveau der 11. Sohle wurde erreicht
       
  1933 1934 Zur Personenbeförderung werden zwischen der 7. und 9. Sohle zwei Seilbahnen in Betrieb genommen
       
  1936   Durch die Einführung der Lokomotivförderung wird die untertägige Pferdeförderung vollständig eingestellt
       
  10.04.1945   Der Wolfschacht wird vom 10.4. bis 3.6.1945 zeitweise stillgelegt
       
  14.04.1949   Durch einen Strebbruch verunglücken 5 Bergleute tödlich
       
  1949   Umbenennung des Wolfschachtes in Fortschrittschacht
       
  1951 1952 Errichtung einer Höhenfördereranlage, Beginn der Aufschüttung der Spitzkegelhalde
       
  31.01.1952   Schlagwetterexplosion, 1 Toter und 4 Schwerverletzte; in Rahmen erhöhter Sicherheitsmaßnahmen wird u. a. das offene Karbidgeleucht durch elektrische Lampen ersetzt 
       
  13.10.1953   Die Zahnradbahn von der 7. bis 10. Sohle wird in Betrieb genommen
       
  19.04.1960   Schlagwetterexplosion, 2 Tote, 4 Schwerverletzte und 4 Leichtverletzte, das Rauchverbot wurde nicht eingehalten
       
  1960   Beginn der planmäßigen Umsetzung von Arbeitskräften in das Sangerhäuser Revier
       
  08.12.1967   Auf dem Fortschrittschacht wird die letzte Schicht verfahren
       
  1968   Beginn der Produktion von Stahlrohrmöbeln auf dem Fortschrittschacht
       
  1971 1972 Verfüllung der Schachtröhre und Demontage des Fördergerüstes
       
   13.05.1995    Gründung der „projekt Schul- und Objekteinrichtungen GmbH“

Literatur

Beiträge im Mansfed-Echo:

(Letzte Aktualisierung: März 2024)


Bildergalerie

 

 

 

Abteufarbeiten am Wolfschacht um 1906 (Sammlung König)
Eingang Lohnhalle 1930 (Foto Mansfeldmuseum)
Fortschrittschacht etwa 1960 (Foto Mansfeldmuseum)
Wolfschacht - Unter Tage in den 20er Jahren (Foto aus dem Besitz von Reinhardt Großkopf)
Wolfschacht: Schautafel 3 (Schachtprofil)
Wolfschacht: Schautafel 6
Wolfschacht: Schautafel 5
Wolfschacht: Schautafel 4
Wolfschacht: Schautafel 2
Wolfschacht: Schautafel 1
Brigade vor dem Fördergerüst des Forschrittschachtes , ca. 1960 (Foto Mansfeldarchiv)
Blick vom Zirkelschacht auf den Wolfschacht (Foto Sauerzapfe)
Verein der Mansfelder Bergarbeiter auf dem Fortschrittschacht 2005 (Foto Weißenborn)
Luftbild Wolfschacht um 1930 (Foto Mansfeldarchiv)

Weitere Informationen

  • Standortbeschreibung:

    Der Wolfschacht liegt ca. 2 km nordöstlich der Lutherstadt Eisleben. Er ist über die L151 zu erreichen. Die zum Wolfschacht (projekt GmbH) führende Betriebsstraße ist gut ausgeschildert. Haldenbesteigungen sind nur im Rahmen organisierter Veranstaltungen möglich.

     

  • Geodaten:
    51°33'5.02"N 11°34'13.68"E
Gelesen 10100 mal

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