[057] Kalischacht Neu-Mansfeld

Objektbeschreibung

Quelle: KÖNIG, Stefan: Der Kalischacht Neu-Mansfeld-Beginn der Abteufarbeiten vor 100 Jahren Mansfeld-Echo, Nr. 4/2010 Seite 42

Ansicht des ehemaligen Betriebsgeländes des Kalischachtes Neu-Mansfeld (Foto Dr. S. König 2010)

Am 25. Februar 1898 wurde mit dem Beginn der Abteufarbeiten des Georgi-Schachtes in Wansleben der Kalibergbau der Mansfeldschen Kupferschieferbauenden Gewerkschaft aufgenommen. Der forciert betriebene Ausbau dieses Standortes setzte sich im Jahr 1903 mit der Inbetriebnahme einer Kalifabrik in Wansleben fort. Mit der Aufnahme der Kalisalzgewinnung in den Kupferschieferschächten Wolf und Dittrich um das Jahr 1910 und der Verarbeitung der dort abgebauten Salze in der Kalifabrik Eisleben wurde ein weiterer Standort geschaffen. Im internen Sprachgebrauch der Gewerkschaft wurden zwischen den Kaliwerken Wansleben und Eisleben unterschieden. Durch die Aufnahme der Kalisalzgewinnung im Kalischacht Neu-Mansfeld sollte das Werk Wansleben eine wesentliche Produktionserhöhung erfahren.

Das Vorratsfeld von Neu-Mansfeld wies eine Größe von ca. 1284 ha (12,84 km2) auf. Die maximale Mächtigkeit des Kalilagers (Flöz Staßfurt) wurde mit 43 m aufgeschlossen, wobei die abbauwürdige Mächtigkeit mit 12 bis 16 m angegeben wird. Das Kaliflöz wurde tektonisch bedingt in einer steilen Lagerung mit einem Einfallen von 35° bis 70° angetroffen. Es bestand hauptsächlich aus dem geringhaltigen Kalisalz Carnallit. In der sogenannten Hutzone des Kalilagers traf man das hochwertige Kalisalz Kainit an. Aufgrund der starken hydrogeologischen Gefährdung der Hutzone sollte das Kainitsalz erst in der letzten Abbauphase des Kalibergbaus im Werk Wansleben gewonnen werden.

Im September 1910 wurde der neue Kalischacht am Flegelsberg bei Wansleben, so die ursprüngliche Bezeichnung für den Schacht Neu-Mansfeld, angehauen. Für den ersten Bauabschnitt wurden von der Deputation der Mansfeldschen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft im Jahr 1910 ein Betrag von 500.000 Mark bewilligt. Der heute noch gebräuchliche Schachtname Neu-Mansfeld wird erstmalig im Juli 1911 in den Direktionsakten verwendet. Informationen über die Hintergründe bzw. dem genauen Zeitpunkt dieser Namenswidmung, aber auch über den Verlauf des Anhauens des neuen Schachtes, sind nicht bekannt. Man kann wohl davon ausgehen, dass die Namenswidmung Neu-Mansfeld die zu dieser Zeit bestehenden großen positiven Erwartungen und Hoffnungen an den Kalibergbau ausdrückten.

Trotz der Nähe zum ehemaligen Salzigen See wurde bei den Abteufarbeiten überraschend nur eine sehr geringe Wasserführung angetroffen. Der Schacht wurde mit einem lichten Durchmesser von 4,75 m bis in eine Teufe von ca. 411 m niedergebracht und ausgemauert. In der Schachtröhre wurde bei 280 m Teufe der Füllort der Wettersohle und bei 400 m Teufe der Füllort der Hauptfördersohle angelegt. Mit dem Ausbrechen und der Ausmauerung des Schachtfüllortes in der 400 m-Sohle wurden im Juni 1912 die Abteufarbeiten abgeschlossen. In den Kalkulationsunterlagen werden als Kosten für das Abteufen von einem Meter Schachtröhre im Steinsalz ein Betrag von ca. 400 Mark für die bergmännischen Arbeiten (Gesteinsarbeiten und Ausmauerung incl. Material) angegeben. Der Schacht Neu-Mansfeld war über die 280 m-Sohle mit dem ca. zwei km weiter südlich gelegenen Schacht Georgi verbunden. Zum Schutz vor Wassereinbrüchen wurde eine Doppeldammanlage in dieser Sohle eingebaut, die am 16.11.1914 fertiggestellt wurde. Im Juli 1911 wurden von der Deputation der Mansfeldschen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft ein weiterer Geldbetrag, diesmal in Höhe von 700.000 Mark zum weiteren Ausbau des Kaliwerkes Neu-Mansfeld bereitgestellt. Zu diesem Zeitpunkt standen die Abteufarbeiten des Schachtes in einer Tiefe von ca. 300 Metern. Die bewilligte Investitionssumme verteilte sich auf die Positionen Gebäude (100.000 Mark), maschinelle Anlagen (385.000 Mark), Drahtseilbahn (180.000 Mark) und elektrische Neuanlagen im Kraftwerk der Kalifabrik Wansleben (35.000 Mark). Wichtige Gebäude der Schachtanlage Neu-Mansfeld, die z. T. auch noch heute vorhanden sind, wurden gekennzeichnet.

Historische Ansicht von Neu-Mansfeld (Archiv und Bearbeitung Dr. S. König)

Das stählerne Fördergerüst für Neu-Mansfeld wurde von der Firma Louis Eilers aus Hannover im Jahr 1913 für den Preis von ca. 59.000 Mark geliefert. Nach Demontage des hölzernen Abteufgerüstes wurde es von Februar 1913 bis Mai 1913 aufgebaut. Es wurde bereits dringend erwartet, da das bis dahin genutzte hölzerne Abteufgerüst große Verschleißerscheinungen aufwies. Bereits im Juli 1911 wurde einer der vier Holzpfosten des hölzernen Abteufgerüstes ersetzt, da er durchgefault war. Nach Einbau von zwei Förderkörben und der Fertigstellung der Bunker- und der Salzbrechanlagen konnte am 14. 7. 1913 die neue Schachtförderung in Betrieb gehen. Zur Schachtförderung diente eine elektrisch betriebene Koepe-Förderanlage (System Siemens-Schuckert-Werke mit Ilgner-Umformer). Das Fördergerüst hatte eine Höhe von ca. 40 m, wobei der Durchmesser der Treibscheibe ca. 6 m betrug. Die Schachtförderleistung wird mit 110 t/h angegeben. Auf den zweietagigen Förderkörben hatten insgesamt vier Förderwagen Platz.  

Das Kalibergwerk Neu-Mansfeld lieferte die nach über Tage geförderten und dort gebrochenen Kalisalze zur Weiterverarbeitung mittels Drahtseilbahn zur Kalifabrik Wansleben. Gleichzeitig wurden von dort Fabrikrückstände und sonstige Versatzmassen zum Einbau in die leer geförderten untertägigen Hohlräume nach Neu-Mansfeld transportiert. Die Seilbahn war für den Transport von 86 t Kalisalz/h und ca. 30 t Rückstände/h konzipiert. In einer Stunde waren 120 mit Kalisalzen beladene Seilbahnwagen von je 720 kg Inhalt zu fördern. Bei einer Zuggeschwindigkeit von 2,50 m/sec betrug der zeitliche Abstand zwischen den Wagen ca. 30 Sekunden. Den Auftrag zum Bau der Drahtseilbahn erhielt die Firma Adolf Bleichert aus Leipzig. Ihr Angebotspreis lag bei 123.980 Mark. Die Gesamtlänge der Drahtseilbahn betrug ca. 2,140 km bei einer Höhendifferenz von 30,5 m. Im Frühjahr 1912 wurde mit dem Bau der Drahtseilbahn begonnen. Bereits am 10. 9. 1912 konnte die Seilbahn die Förderung von Kalisalzen nach Wansleben aufnehmen. Erst ein Jahr später, ab dem 27.11.1913, erfolgte auch der Transport von Rückständen aus der Fabrik Wansleben zum untertägigen Versatz nach Neu-Mansfeld. Die Unterhaltung sowie der Betrieb der Drahtseilbahn unterstand der Leitung des Grubenbetriebs von Neu-Mansfeld. So musste sie sich im Januar 1918 auch mit einem Landwirt aus Wansleben auseinandersetzen, auf dessen Grundstück mehrere Seilbahnwagen mit Kohle abgestürzt waren.

Geologischer Profilschnitt Neu-Mansfeld (Archiv und Bearbeitung Dr. S. König)

Die Produktionsmenge des deutschen Kalibergbaus wurde in dieser Zeit durch Beteiligungskennziffern reglementiert. Auch für Neu-Mansfeld wurde eine Förderquote beantragt, deshalb musste die Funktionsfähigkeit des Schachtes schnell erreicht werden. So wurde bereits im Jahr 1911 im Niveau der 280 m-Sohle mit der Herstellung einer untertägigen Verbindung zum Georgischacht begonnen. Diese Wetter- und Fluchtwegverbindung war für beide Schächte aufgrund von Forderungen des Bergamtes zwingend erforderlich. In der fertiggestellten Verbindungssohle wurde eine Wagenförderung mittels Benzinlokomotiven aufgenommen. Sie war notwendig, da erst ab Juli 1913 Neu-Mansfeld über eine leistungsfähige Schachtförderung verfügte. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Schachtförderung des Georgi-Schachtes genutzt. Die gleichfalls zur Erlangung der Förderquote notwendigen Streckenvortriebe im Kalilager, im Niveau der 400 m-Sohle, gestalteten sich sehr aufwendig. Betriebswirtschaftliche Überlegungen mussten unter den gegebenen Umständen zurückgestellt werden. Das zeigte sich besonders deutlich bei der Kalisalzförderung. So wurde die Abteufförderanlage von Neu-Mansfeld zu einer provisorischen Kübelförderung für die Salzförderung umgebaut. Als Fördergefäß diente dabei ein kleiner Maurerkübel. Das in den Streckenvortrieben der 400 m-Sohle anfallende Salz wurde per Förderwagen bis zum Füllort gebracht und dort in den Maurerkübel umgeladen. Der Kübel wurde dann im Schacht Neu-Mansfeld von der 400 m-Sohle auf die 280 m-Sohle gehoben. Dort wurde das Salz wiederum in Förderwagen umgeladen. Die Züge mit jeweils 10 Wagen transportierten das Salz nach dem Füllort des Georgi-Schachtes, wo es nach über Tage gefördert wurde. Damit sollten der Kaliverteilungsstelle vollendete Tatsachen präsentiert werden, um schnell in den Besitz einer Förderquote zu gelangen. Dieses Ziel wurde auch erreicht. Die Zuteilung der endgültigen Beteiligungskennziffer für Neu-Mansfeld erfolgte im August 1913.  

Der Kalischacht Neu-Mansfeld wurde genau wie die übrigen Mansfeldschen Kaliwerke im Jahr 1926 geschlossen. Während die Übertageanlagen demontiert wurden, blieb der Zugang zum untertägigen Grubengebäude der Kalischächte Neu-Mansfeld und Georgi erhalten.  

Salzhalde des Kalischachtes Neu-Mansfeld (Foto Dr. S. König 2007)

Während des 2. Weltkrieges wurden unter Tage Rüstungsgüter hergestellt. Damit war die Einrichtung eines Außenlagers des KZ-Buchenwalds verbunden, dessen Insassen unter unmenschlichen Bedingungen unter Tage Zwangsarbeit verrichten mussten.

Der „Verein zur Aufarbeitung der NS-Gewaltherrschaft/Salzbergwerk Neu-Mansfeld/Georgi e.V.“ hat sich zur Aufgabe gemacht, dieses schreckliche Kapitel deutscher Geschichte im Mansfelder Land nicht in Vergessenheit geraten zu lassen: Noch bestehende Anlagen des Industriedenkmals Salzbergwerk Neu-Mansfeld/ Georgi werden wieder hergerichtet. Eine Mahn-, Gedenk- und Dokumentationsstätte erinnert an die Geschichte des KZ-Außenlagers.

(Letzte Aktualisierung: Dezember 2018)


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