Die 800-Jahr-Feier im Jahre 2000

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Die 800-Jahr-Feier fand nur wenige Jahre nach der endgültigen Stilllegung des Kupferschieferbergbaus statt, die nach der Wende der Jahre 1989/1990 unausweichlich geworden war. Eine hohe Arbeitslosigkeit und eine immer stärker werdende Betroffenheit und Mutlosigkeit, weil Ersatzarbeitsplätze nicht bzw. in nur unzureichendem Umfang geschaffen werden konnten, war die Folge. Das warf natürlich die Frage auf, ob ein derartiges Jubiläum, das im eigentlichen Sinne zumindest für den Bergbau keine Grundlage mehr besaß, überhaupt begangen werden sollte, ja durfte. Es wurde allerdings zu keiner Zeit ernsthaft erwogen, die Feierlichkeiten ausfallen zu lassen, da letztlich doch zu gewichtige Gründe für eine Durchführung der 800-Jahr-Feier sprachen.
Als eher nebensächlich ist die Begründung zu bewerten, dass das erste Kupfererz durchaus schon 1190 oder noch früher gefunden worden sein kann, denn Cyriacus Spangenbergs Zeitangabe beruht letztlich nur auf Vermutungen: Dann hätten bereits die 700- und die 750-Jahr-Feier verspätet stattgefunden und auch die 800-Jahr-Feier wäre nachträglich auszurichten gewesen. Berechtigt und als „richtig" war indessen die Begründung, dass der Kupferschieferbergbau und das Hüttenwesen im Mansfelder Land von Anfang an untrennbar miteinander verbunden gewesen waren, ursprünglich galten sogar die Hütten als die eigentlichen Unternehmen, denen die Schächte zugeordnet waren. Ende des 18. Jahrhunderts kamen die Metallverarbeitung und der Maschinenbau hinzu. Die nach der Wende weiterhin bestehenden Unternehmen der MKM Mansfeld Kupfer und Messing GmbH, Hettstedt, die Aluhett, Hettstedt, und andere Betriebe der Schwerindustrie führten diese Traditionslinien fort und stützten sich dabei auf das in Jahrhunderten erworbene Wissen der Menschen über den Umgang mit Metallen. Die bestehenden Unternehmen konnten sich daher mit aller Berechtigung auf die gesamte achthundertjährige Geschichte des Mansfelder und Sangerhäuser Bergbau- und Hüttenwesens berufen - und tun dies bis heute. Vor allem aber hatten Tausende ehemalige Mitarbeiter des aufgelösten Mansfeld-Kombinats ein Recht auf eine angemessene Würdigung ihrer in ihrem Arbeitsleben erbrachten Leistungen. Und schließlich: Das Montanwesen und die durch seine Arbeitsleistungen geprägte Landschaft waren neben der Persönlichkeit Martin Luthers das einzige Identitäts- und Zusammengehörigkeitssymbol und -merkmal für die Bevölkerung im Mansfelder Land, eine Absage bzw. Nicht-Durchführung der 800 Jahr-Feier hätte für die Mansfelder Region ein negatives Zeichen gesetzt sowie tiefe Enttäuschung und mentale Verunsicherung bis hin zur Depression bedeutet. Eine 800-Jahr-Feier war deshalb angemessen und richtig. Die in den Jahren 1999 und 2000 durchgeführten Veranstaltungen und Publikationen waren deshalb in dem oben genannten Sinne von erheblicher Bedeutung. Diese Feier war die erste, die sich weitestgehend der Geschichte des Montanwesens gewidmet hat. Alle Redner betonten die große Geschichte des Mansfelder Landes, beschworen die Traditionen und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung, riefen dazu auf, aus den Traditionen für die Gegenwart und die Zukunft zu lernen, zogen für einige Zeit Kraft aus der Vergangenheit - und leisteten auch Trauerarbeit für die vermeintlich gute, vielleicht sogar bessere „alte Zeit". Insofern unterschied sich diese 800-Jahr-Feier von den beiden vorher gegangenen ganz erheblich.
Es gab darüber hinaus aber noch weitere Unterschiede. Der wichtigste, augenfälligste war eine bisweilen an Feste erinnernde fröhliche, fast gelöste Atmosphäre, die im Stadtfest gipfelte, sowie in einer Einbeziehung weiter Teile der Mansfelder Bevölkerung in das Programm als aktiv Handelnde: Hier sollen nur die Schulen erwähnt werden, die sich durch zahlreiche, z. T. selbst gewählte Aktionen an der Feier beteiligt haben. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal lag in der Konzeption, nach der sich die Feierlichkeiten über einen längeren Zeitraum hinzogen, zu ganz unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Orten des Mansfelder Landes stattfanden und nicht auf einige wenige Tage fixiert waren: Die Eröffnungsfeier, bereits am 5. Dezember 1999 in Hettstedt, die Einweihung des Bergarbeiterdenkmals auf der Eisleber Siebenhitze als offizielles Denkmal für den 800 Jahre andauernden Kupferschieferbergbau, das einige Zeit vor dem offiziellen Festakt der Öffentlichkeit in einem festlichen Rahmen übergeben wurde, sowie die längere Zeit nach den Feierlichkeiten in Eisleben durchgeführten Abschlussfeiern in Sangerhausen mögen hier als Belege angeführt werden. Schließlich fand der offizielle Festakt in der St. Andreaskirche am Eisleber Markt statt - bei den beiden anderen, vorangegangenen Feiern wurden die Kirchen nicht in das Programm der Feierlichkeiten einbezogen - sieht man einmal vom Läuten der Glocken ab. Es verdient aber auch festgehalten zu werden, dass bei keiner Feierlichkeit ein Dankgottesdienst stattgefunden hat - ein bemerkenswertes Detail, das allerdings im „Roten Mansfeld" auch nicht allzu sehr verwundert. Immerhin nutzte man einen Kirchenraum als Ort des Festaktes.
Die Feierlichkeiten zur Erinnerung an das 800jährige Bestehen des Mansfelder Montanwesens standen unter dem Thema „Tradition" und unter dem Eindruck der nach der Wende veränderten politischen und gesellschaftlichen Konstellationen. Sie waren erstmals in der Geschichte der Feierlichkeiten im Mansfelder Land „demokratisch" konzipiert und ließen der Bevölkerung Raum zu einer freien Entfaltung und Beteiligung. Die Wahl von Johannes Rau als Schirmherren war deshalb eine sehr gute Wahl, und der damalige Bundespräsident verkörperte diese offene, demokratische Geistes- und Lebenshaltung in signifikanter, für alle Teilnehmer sichtbarer Weise. Insofern waren die 800-Jahr-Feierlichkeiten von einem neuen Geist geprägt. Sie mussten es auch sein, denn die Voraussetzungen hatten sich entschieden verändert und erlaubten keine Huldigungen des Montanwesens mehr. Dass die Feierlichkeiten keine Trauerveranstaltung wurden, ist bemerkenswert, belegt aber die Fähigkeit der Mansfelder Bevölkerung, sich neuen Gegebenheiten erfolgreich zu stellen. Das Mittel der Erinnerung an die Vergangenheit und die Besinnung auf die reichen Traditionen war sicherlich ein geeignetes Mittel, die Feierlichkeiten zu einem Erfolg für Alle werden zu lassen.
01/2019