Vor 100 Jahren - Die Schachttaufe des Wolfschachtes bei Eisleben


Vor 100 Jahren - Die Schachttaufe des Wolfschachtes bei Eisleben

von von Manfred Hauche - 2006 (Übernommen von der Vereinsseite) Der Beitrag gibt den Ablauf der Veranstaltung sowie Reden und Sprüche anläßlich dieses Ereignisses wieder.


„Ein festliches Kleid hatte die neue Anlage angelegt, am Förderturm wehten die Fahnen und alle Baulichkeiten waren außen mit Tannengrün, innen mit Eichenbüschen und –zweigen und Laubgewinden schön und sinnig geschmückt,“ beschreibt ein Zeitzeuge in der Zeitschrift „Der Bergbote“, 1906, den äußeren Rahmen der Tauffeier zum Anhauen des Wolfschachtes, die am 30. Juni 1906 um 15.00 Uhr begann. Herr Ober-Berg- und Hüttendirektor, Königlicher Bergrat Schrader, hielt im Beisein der 118 Mann starken Abteufmannschaft, den Beamten der Berg- und Hüttendirektion und den zahlreich geladenen Gästen die Weiherede und hieb den Schacht als erster mit dem Wahlspruch der Mansfelder Grafen: „Dennoch“ an.

Herr Obersteiger Lauterwald goss nach alter Mansfelder Sitte
eine Flasche „Nordhäuser“ auf die Schachtscheibe und sagte:

„Ich taufe dich mit Branntwein mit dem Wunsche:
Wasser bleib dir ferne!
Böse Wetter meide!
Gute Minern schließe auf!
Glück auf!“

Danach schloss sich manch inhaltsreicher und guter Wunsch für den Täufling an. Diese Wünsche, zu meist in Versform gehalten, muten heute wie Wünsche in einem Poesiealbum an. Sie sind, nicht nur zur Erbauung, sondern auch im Rahmen unserer Traditionspflege einer Erinnerung wert.

Herr Bergwerksdirektor Ludwig, Oberleiter der Abteufungsarbeiten des Wolfschachtes:

„Dir, Wolfschacht, bring ich dar
ein froh´ Glück auf! Für lange Jahr! -
Mög´ reiche Erze er uns bringen
als treuer Arbeit gut´ Gelingen.
Vor böser Mächte List und Tück,
bewahre ihn ein gut Geschick;
auch schütze es vor Wassersnot,
vor Unfall und vor Bergmannstod
die Knappen, die zu reichen Segen
in seinem Schoß die Hände regen.“

Herr Obersteiger Lauterwald, Betriebsführer bei der Schachtsenkung:

„Gib reiche Ausbeute der Gewerkschaft!
Gute Löhne unserer Belegschaft!
Behüt´ vor Unfall und Gefahren
uns, bis wir die letzte Schicht verfahren!“

Herr Hüttendirektor Steinbeck:

„Ich, der Euch das Silber macht,
wünsch´ zu Eurem Werke Glück!
Möge sein der neue Schacht,
auch ein neuer Silberblick!“

Herr kaufmännischer Direktor Wember:

„Nun, denn: Glück auf!
Möge der Bergbau gedeih´n!
Bergherr und Bergmann sich freu´n,
Ewig, Glück auf!“

Herr Baurat Vetter:

„Komm´ glücklich nieder
und bringe Heil;
Der Berge Segen
bleib´ Mansfelds Teil.“

Herr Maschineninspektor König:

„Ich wünsche heut´ vor allen Dingen
dem Schacht ein gutes Niederbringen,
daß wir nicht müssen mit Wasser ringen,
oder wenn es kommt, es zwingen.
Helf´ Gott zum glücklichen Gelingen!“

Herr Bergwerksdirektor Scholz:

„- Wolfschacht - sollst du also heißen!
Mögst du den Namen denn auch beweisen.
Nicht daß des wilden Raubtiers Natur
mit Blut und Opfern bedeckt deine Spur.
Nein, in dem Sinne mögst immer du sein,
friedlich und zahm, wie ein Lämmlein klein.
Doch ich wünschte, du bissest heraus
im großen gewerkschaftlichen Haus,
etwas besonderes vor andern Werken,
zur Ehre des Deputierten und großen Gevattern,
Dessen Namen du nun sollst tragen!
Darauf will ich meinen Anhieb wagen! Glück auf!“

Herr Gerichtsassessor Beling:

„Blick´ auf die Halden ringsherum
und laß dir eines sagen:
Bring´ uns nur Erze in den Trum,
laß nicht um Berge uns plagen.“

Herr Gerichtsassessor Schwabe:

„Die du uns gütigst ernährst,
gleichzeitig bist du uns Vorbild:
Sei unser Inneres stets edel,
o Erde, wie deins.“

Herr Markscheider Enders:

„Vor Wasser- und vor Wetternot
behüte dich der liebe Gott.“

Herr Direktionssekretär Ingenieur Schmidt:

„Guter Lohn und viel Ausbeute,
der Bergleut und Gewerken Freude.“

Herr Markscheider Dahlmann:

„In den Hutberg wirst du niedergebracht,
Sei auf der Hut vor Wasser – Schacht.
Und mit neuer Kaution
die Gewerkschaft verschon.“

Herr Maschinenmeister Grobecker:

„Reicher Segen über dich:
Vom Kupfer,
vom Silber
von der Maschinenwerkstatt.“

Herr Berginspektor Geipel:

„Man möge in dieses Berges Gründen
nur reiche Minern, keine toten Zonen finden!“

Herr Steiger Philippi:

„Mit Gott fang´ an,
mit Gott hör´ auf,
das ist für uns der beste Lebenslauf.“

Herr Fahrsteiger Müller:

„Es möge dem braven Bergmann gelingen,
auch diesen Schacht glücklich nieder zu bringen.
Vor Wasser und Unglück der Herr ihn bewahr´,
er fördere reiches Erz viele Jahr´
und alle Knappen die fahren hier ein,
sollen treu unserem obersten Bergherrn sein.“

Herr Fahrsteiger Packbusch, Ortsvorsteher der Gemeinde Volkstedt:

„Wolfschacht, in Volkstedter Flur gelegen,
spende auch Volkstedt deinen Segen.
Daß Schacht und Volkstedt wohlgedeih´n,
darauf schlag ich die Keilhau´ ein.“

Herr Fahrsteiger J. Knauth:

„Ich wünsche, daß in dem Wolfschacht
eine nur zufriedene und arbeitsfreudige Belegschaft
schaffen möge zum Wohle der Mansfelder Gewerkschaft.“

Herr Werkmeister Knauth:

„Der Hütte gib stets nur gute Speise,
daß man dich achte und immerfort preise.“

Herr Maschinensteiger Grenzendörfer:

„Nun zeig dich würdig deiner Taufe
und fördere in zwei Jahren schon,
um Gotteswillen nicht versaufe,
dann lobt dich auch die Direktion.“

Herr Fahrsteiger Richter:

Den Anfang, Mitt´ und Ende,
Ach Herr, zum besten wende.

Herr Steiger Dockhorn:

„Es grüne die Tanne,
es wachse das Erz.
Gott schenke uns allen,
ein fröhliches Herz. – Glück auf!“

Herr Werkmeister Zeymer:

„Der Mansfeld´schen Gewerkschaft zum Glück und Segen“

Herr Steiger Laus:

„Nun dran mit Gottvertrauen, Mut und Kraft,
daß du, Wolfschacht, bald Schiefern schaffst.“

Herr Drittelführer Brandt: (?)

„Vor Wasser und vor anderer Not,
bewahr´ den Schacht der liebe Gott.
Der geb´, daß der Süße See
nicht eines Tages sagt´ Ade!“

Herr Drittelführer Bösel:

„Ich hab geteuft schon manchen Schacht,
jetzt hab´ ich´s bis auf den Wolf gebracht.“

Nach der Zeremonie des Anhauens trafen sich die Anwesenden zu einem Festmahl, bei welchem weitere Glückwünsche und Informationen über Vergangenes und Zukünftiges ausgetauscht wurden und ließen diesen Tag so zu einem unvergessenen Erlebnis für die Beteiligten werden.
Es schien, als ob die vielen, wohlgemeinten Wünsche in den Taufsprüchen, die „bösen Geister“ gebannt hatten. Von größeren Unglücken blieb die Schachtanlage verschont, Wassereinbrüche fanden nicht statt, wenn auch beim Abteufen - insbesondere beim Durchfahren des Buntsandsteines - bis 400 Liter Wasser pro Minute zuflossen. Der Süße See aber blieb dem Mansfelder Land erhalten. Am 2. Februar 1909 wurde in 542 m Teufe das Kupferschieferflöz angetroffen. Mit Böllerschüssen vom Haldensturz erhielt die Mansfelder Bevölkerung davon Kenntnis. Mit dem Durchschlag zum Querschlag 7. Sohle bei 558 m - welcher vom Hohenthalschacht aus voran getrieben worden war - und dem Auffahren des Schachtsumpfes mit dem Pumpenraum bei 572 m, fanden die Abteufarbeiten ihr Ende. Nach 58 erfolgreichen Jahren, am 8. Dezember 1967, wurde die letzte Schicht in feierlicher Form gefahren. Die Arbeitskraft der Bergleute wurde dringend im Sangerhäuser Revier bzw. in den neuen Produktionslinien des Mansfeld Kombinates benötigt.

 

04/2022

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