Luther und der Bergbau
Luther und der Bergbau
von Dr. Rudolf Mirsch - 1996 (Übernommen von der Vereinsseite) Der Beitrag beschäftigt sich mit der Verbindung der Familie Luther zum Mansfelder Bergbau und der Verhüttung des Erzes.
In der "Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preußischen Staate", Jahrgang 1933 veröffentlichte Dr. Hans Freydank eine umfangreiche Arbeit über die Familie Luther und ihre Beziehungen zum Mansfelder Bergbau. Der folgende Text stützt sich überwiegend auf die Ergebnisse seiner Forschungen. Neuere Veröffentlichungen z.B. von Westermann weichen in Einzelheiten gelegentlich etwas ab, ohne jedoch für für diese Veröffentlichung von wesentlicher Bedeutung zu sein.
Die Familie Luder war Besitzer eines stattlichen Hofes in Möhra, einem kleinen Dorf zwischen Eisenach und Bad Salzugen. viele hundert Jahre waren sie dort ansässig. Hans Luder war der älteste Sohn. Nach dort geltendem Recht erbt den Bauernhof der jüngste Sohn. Da Hans nicht wie sein Bruder Veit in einen anderen Hof einheiraten konnte oder wollte, konnte er nur als Knecht beim jüngsten Bruder Tätig werden, oder er musste seinen Lebensunterhalt an anderer Stelle erwerben. Nach Freydank ist nicht nachgewiesen, aber es wird vermutet, dass Hans Luder schon die Arbeit im Kupferschieferbergbau in der Umgebung von Eisenach kennengelernt hatte, bevor ihn die Nachricht erreichte, dass in der Eislebener Gegend tüchtige Bergleute gesucht würden. Hans Luder hat daraufhin mit seiner jungen Frau Magarethe Thüringen verlassen, um sich im Mansfelder Land eine Existenz als "berckhauer" aufzubauen. In Eisleben wurde der Familie am 10. November 1483 ein Sohn geboren und am folgenden Tag nach Tagesheiligen auf den Namen Martin getauft.
"ich bin ein Bauernsohn ... Danach ist mein Vater nach Mansfeld gezogen und dort ein Berghäuer geworden", erinnert sich später Martin Luther. (Diese Schreibweise seines Namens wurde von ihm 1517 festgelegt und wird im folgenden Text auch für seinen Vater Hans verwendet.)
Hans Luthers Fleiß und Sparsamkeit führten dazu, dass er in kurzer Zeit zu den geachteten Bürgern unserer Heimat gerechnet wurde. Bereits 1491 ist er einer der "Vierherrn" der Gemeinde Mansfeld und wurde Teilhaber an einer kleinen Bergwerksgesellschaft. Das Glück war dem Tüchtigen hold. Er wurde bald Hüttenmeister.
Die Schächte
Um seine Hütten mit Erfolg in Betrieb zu halten, benötigte Hans Luther eine beträchtliche Menge Minern. Nach Mück lieferte eein Hüttenfeuer jährlich etwa 300 Zentner Kupfer. Dafür war etwa das 40-fache an Erz erforderlich. Eine Hütte konnte nur betreiben, wer neben anderen Voraussetzungen auch genügend Schächte besaß.
Luther war ein streitbarer Mensch, der um sein Fortkommen und um Gerechtigkeit sehr bemüht war. Das ist aus überlieferten Dokumenten erkennbar. Zum Beispiel fühlte er sich nach einem Verhandlungsprotokoll aus dem Jahre 1508 bei der Niederbringung eines Schachtes im "Heiligen Grund" übermäßig belastet. Zudem rügte er einen Schieferndiebstahl von den Schächten "uf der Heide". Im Jahre 1511 besaß Luther auch Anteile an der Gewerkschaft "uff dem Santberge". Kurz darauf erfolgte die Vereinigung der Gewerkschaften des Mansfelder Berges zur Gewerkschaft "vom undirn Horbeck." Sie umfasste 14 1/2 Lehen, das entsprach einer verliehenen Flözfläche von rund 85.000 m². Die Anteile der einzelnen Gewerken waren unterschiedlich groß. Ein Drittel teilte sich Hans Luther mit vier weiteren Teilhabern. Die Verwaltung lag in den Händen eines Schichtmeisters. Die Aufsicht führte ein Dreimännerkollegium mit besonderen Vollmachten, besonders was Ausgaben für Vorräte, Pferde, Wasserkünste und den Schachtbau betraf. Einer der drei Aufsichtsführenden war ein Schwiegersohn Hans Luthers.
Er selbst war nach Freydank zu dieser Zeit bereits Mitglied eines ähnlichen Kollegiums auf dem Eisleber Berg. Hier hatte er sich an den Gewerkschaften im Rodichen, im Lerchenfeld, am Steudenberge und im Pfaffenthal beteiligt und wurde mit ausersehen, "in die schecht zu fahren und das hauerlon zu machen" sowie das wöchentliche "ungelt" festzusetzen. In Freydanks Bereicht wird weiter festgestellt, dass diese beiden Nachrichten die einzigen sind, die über Luthers Wirken im Eisleber Berg erhalten sind, wie er auch nur in den Jahren 1507/1509 als Pächter dort geelegener Hütten genannt wird.
In den Jahren 1517/1519 belieferten die Gewerkschaften des Mansfelder Berges, die Schäöchte auf dem Bader, dem Hirschwinkel, dem Recken und der Kappendorfer Breite hatten, 13 Hütten mit 29 Feuern die von 14 Hüttenmeistern betrieben wurden.
Für die bergrechtliche Verfassung des Mansfelder Landes war zu dieser Zeit die Tatsache charakteristisch, dass für den Umfang der Erzgewinnung nicht die Inhaber der Bergwerke, sondern die Hüttenmeister ausschlaggebend waren. Möllenberg sagte dazu: "Wer die Zumessung von Teilen auf dem Berge verlangte, mußte in der Lage sein, die gewonnenen Minern selbst zu verhütten, oder den Nachweis erbringen, daß er sie verhütten konnte".
Für die wirtschaftliche Bewertung des Abbaues um das Jahr 1500 ist folgende Ausbeuterechnung interessant, die über einen Zeitraum von 13 Wochen für die Schächte auf dem Recken, der Kappendorfer Breite, am Bader und im Hirschwinkel geführt wurde.
Wie das Beispiel zeigt, war die Vierteljahresausbeute bei den hohen Selbstkosten und niedrigen Erlösen nicht sehr hoch.
Die Hütten
In jeder Hütte konnten mehrere Öfen betrieben werden. Alle Hütten lagen am Wasser, um mit Wasserrädern Blasebälge betreiben zu können. Bei der Erbteilung der Mansfelder Grafen von 1536 waren 95 Hüttenfeuer vorhanden. (Nach Westermann nur 88). Ein Verzeichnis von 1508 nennt 40 Hüttenmeister mit Namen, darunter auch Luther (Luder). Wann Hans Luther die erste Hütte in Betrieb genommen hat, konnte Freydank nicht feststellen. Er vermutet, dass es schon vor dem Jahre 1507 gewesen sein muss. Dabei bezieht sich Freygang auf Mathesius, der über den jungen Studenten Martin sagt: "Sein lieber Vater, Hans Luther, hat ihm auch von seinem ehrlichen Berggute und dem Ertrage zweier Feueröfen zu Erfurt studieren lassen". 1501 bezog Luther die Universität, 1505 ging er bereits ins Kloster.
Freydank konnte folgende Hütten nachweisen, die Luther betrieb oder an deren Betrieb er beteiligt war:
Über die Lage dieser Hütte gab es lange Zeit Unklarheiten. Freydank ermittelte ihren Standort zwischen Vatterode und Leimbach.
Nach Spangenberg befand sich diese Hütte nördlich von Großörner an der Straße nach Hettstedt.
Sie lag unterhalb des Mansfelder Schloßberges.
Beide Hütten lagen am Goldbach bei Wimmelburg.
Für den Zeitraum von 1508 - 1513 ermittelte Freydank eine Produktion von rund 243 Ztr. Kupfer pro Jahr und Hüttenfeuer. Daraus errechnete sich eine Einnahme von rund 3090 Gulden/Feuer und Jahr. Die Ausbeute bei den Hüttenbetrieben war besser als bei den Bergwerken, selbst wenn auch bei den Hütten hohe Kosten für Holz, Kohle und andere Aufwendungen erforderlich waren.
Zwischen 1513 und 1515 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage für die Hüttenmeister erheblich, weil die Grafen nun nicht nur von den Erbfeuern, die Eigentum der Hüttenmeister waren, sondern auch von den Herrenfeuern den zehnten Zentner Kupfer als Steuerabgabe verlangten. Hans Luther hatte bisher für die gepachteten Herrenfeuer 100 Gulden/Jahr zu entrichten. Nach den von Freydank durchgeführten Berechnungen erhöhten sich seine Abgaben beispielsweise für das Jahr 1515 auf 1265 Gulden/Jahr und damit auf mehr als das Zehnfache. Dadurch kam Hans Luther in Bedrängnis bei der Befriedigung seiner Gläubiger.
Als Hans Luther am 29. Mai 1530 starb, konnte er aber trotzdem noch ein Vermögen von 1250 Gulden hinterlassen, das aus Bargeld, seinen Vorräten in den Hütten und Schächten und den beiden Häusern in Mansfeld bestand.
Hans Luther hatte zwei Söhne; Martin und Jakob und drei Töchter. Jakob Luther war ebenfalls ein Mansfelder Hüttenmeister geworden. Die Schwestern hatten Mansfelder Hüttenmeister zu Gatten. Dorothea war mit Paul Mackenrodt verheiratet. Margarethe war mit Heinz Kaufmann verheiratet und die dritte Tochter mit dem Hüttenmeister Klaus Polner.
Hans Luther, seine Kinder und Schwiegersöhne waren geachtete Mansfelder Bürger. Nur ein jüngerer Bruder des Hans Luther, der ebenfalls Hans hieß, machte im Mansfelder Land manchen Ärger, bevor er ein unrühmliches Ende fand. Spangenberg berichtet darüber: "1536... ist einer, Hans Luder genannt, in Tuchs Schenke erschlagen worden".
Martin Luther, der große Reformator, hat seine Herkunft aus dem Bauern- und Bergmannsstande immer mit besonderer Achtung erwähnt und den Bergleuten gern Absolution erteilt, wenn sie einmal nach schwerer Arbeit laut und fröhlich feierten, wie sein Tischgenosse und Biograph Mathesius berichten konnte. Aber nicht nur mit Worten, sondern auch in der Tat setzte er sich mehrfach bei den Mansfelder Grafen ein, um einen gerechten Interessenausgleich zu erreichen. Nach Schlichtung eines Erbschaftsstreites der Grafen stirbt Martin Luther am 18. Februar 1546 in Eisleben.
Quellen:
Freydank, Hans; Martin Luther und der Bergbau in: Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preußischen Staate, Bd. 81 S. B 315 f.
Westermann, E.; Hans Luther und die Hüttenmeister der Grafschaft Mansfeld im 16. Jh. in: Scripta Mercaturae, Jg. 1975 S. 68 - 86
Möck, Walter; Der Mansfelder Kupferschieferbergbau in seiner rechtsgeschichtlichen Entwicklung, 2 Bände Eisleben 1910
03/2022