Spremberg - eine nicht erschlossene Kupfererzlagerstätte
Spremberg - eine nicht erschlossene Kupfererzlagerstätte
von Dr. Hans-Joachim Langelüttich & Dipl. Ing. Horst Näther - 1997 (Übernommen von der Vereinsseite) Die Lagerstätte im Raum Spremberg wurde in den 50er und 60 Jahren des 20 Jahrhunderts erkundet. Dem folgten Vorbereitungen zu ihrer Erschließung. 1975 etablierte man eine Aufbauleitung Kupfererzschachtanlage Spremberg. Durch umfassende Untersuchungen konnte die rechnerische Nutzungsmöglichkeit der Kupfererzlagerstätte nachgewiesen werden. Auf Grund der dabei festgestellten Kondition dürfte sie jedoch erst bei Wegfall der Verfügbarkeit vergleichbarer Lagerstätten in Billiglohnländern wieder ins Blickfeld wirtschaftlicher Interessen kommen; die Aktivitäten sind 1980 eingestellt worden.
Zur Kupferbedarfsdeckung der DDR aus eigenem Erz war es notwendig, die einheimischen Kupfererzlagerstätten neu zu bewerten. Der Kupferbedarf Ende der 60er Jahre lag bei 103 kt/Jahr. Dieser Bedarf wurde nur mit 20 kt/Jahr aus der Mansfelder Kupfererzlagerstätte gedeckt. Der Rest kam aus Schrott und Katodenimporten. Die Mansfelder Kupfererzlagerstätte, einschließlich Allstedt, Hochscholle und Tiefscholle Osterhausen, aber ohne den Heldrunger Lagerstättenteil wurden mit einer Vorratsmenge von 950 kt Cu im Erz ausgewiesen. Die Lagerstätten Heldrungen mit 214,6 kt Cu, Werra mit 400 kt Cu und Spremberg mit 1.630 kt Cu im Erz.
Das Kupferschiefererzvorkommen Spremberg wurde 1958/64 erkundet. Es hat eine Ausdehnung von 17,4 km² und liegt nordöstlich der Stadt Spremberg und wird durch den Türkendorfer Kreidegraben in die Teilbaufelder Spremberg und Graustein getrennt. Die vorliegenden geologischen Parameter auf der Basis von 15 Bohrungen reichten nicht aus, eine umfassende Studie zu ihrer Erschließung und Gewinnung anzufertigen. Auf der Grundlage des geologischen Ergebnisberichtes vom Dezember 1967 wurde bis März 1970 unter Einbeziehung von Schachtbau Nordhausen, der Bergakademie Freiberg (Geomechanik, Aufbereitung), der SDAG Wismut (Wetterführung und Klimatisierung), des Instituts für Bergbausicherheit (Geomechanik, Hydroloie, Bruchbau), die Erzprojekt Leipzig (Tagesanlagen), der VEB Braunkohle Senftenberg und des Rates des Bezirkes Cottbus (Territoriale Vorabstimmung) vorerst eine technisch-ökonomische Grobstudie erarbeitet.
In deren Ergebnis wurde sowohl die grundsätzliche Möglichkeit des Aufschlusses und der Nutzung der Lagerstätte, als auch die Notwendigkeit von Schachterkundungs- und weiteren Feldbohrungen festgestellt. Die Bohrungen sollten neben der Sicherung wahrscheinlicher Vorräte, eventuell eine Erweiterung der Lagerstätte vor allem aber bestehende Lücken bei den ingeneurgeologischen Daten sowohl im Lagerstättenbereich als auch im Deckgebirge und Liegenden schließen. Außerdem sollte zusätzliches frisches, nicht anoxidiertes Kernmaterial für Aufbereitungsversuche gewonnen werden.
Erst nach Abschuss der Felderkundung und der Bestätigung der Erzvorratsberechnung durch die zentrale Vorratskommission erfolgte am 31.07.1975 der Beschluss des Präsidiums des Minsterrates zur Vorbereitung des Vorhabens Kupfererzschachtanlage Spremberg. Als Termine für die Vorlage der Dokumentation zur Investitionsvorentscheidung (IVE) wurde der Monat Juni 1977, für den Realisierungsbeginn das Jahr 1978 und für die Produktionsaufnahme das Jahr 1990 genannt. Daraufhin wurde im September 1975 die Aufbauleitung Spremberg gebildet.
Die bestätigte Erzvorratsberechnung weist in den beiden Teilfeldern Spremberg (westlich) und Graustein (östlich) - Bild 1 - auf insgesamt 17,43 km² Fläche 98,6 Mio t Erz (ø 2,2 m) mit 1.459 kt Kupferinhalt (85,8 kg Cu/m² bzw. 15,2 kg Cu/t Erz) aus. Die Teufe des Erzhorizonts liegt bei 8° Einfallen nach NE bei 900 - 1.650 m (-1.500 m NN). Die Vererzung umfasst, ähnlich wie in Lubin/Polkowice/Sieroszowice Mergelkalk (Ca1m) z.T. Zechsteinkalk (Ca1) (ø 1,1% Cu), Kupfer- schiefer (T1) (ø 2,1 % Cu) und Sandstein (S1) (ø 1,3 % Cu). Der Faziesbereich Mergel/Kupferschiefer ist 0,65 - 4,65 m (ø 1,9m), der von Kupferschiefer/Sandstein 2,2 - 8,2m (ø 4,1 m) mächtig. Das Verhältnis Mergel : Kupferschiefer : Sanderz ist 32 : 33 : 35, das ihres Kupferinhaltes 23 : 46 : 31.
Die Vorratsabgrenzung erfolgte nach der Kondition <= 16 TM/t CuK für die schlechtesten in die Nutzung einzubeziehenden Teilmengen, was den damals für das Sangerhäuser Revier im Jahre 1990 prognostizierten Durchschnittskosten entsprach. Das führte bei der vertikalen Vorratsabgrenzung auf geologische Schwellengehalte von 0,25 % Cu für Sanderz und 0,3 % Cu für Mergelerz.
Die Lagerstätte an der Basis des Zechsteins (P2) wird unter 100 - 275 m mächtigen Lockergebirge (KZ) von Buntsandstein (T1) und der 260 - 450 m mächtigen Folge der vier Zechsteinserien (P2) überlagert. Der südwestliche Teil des Feldes Graustein liegt außerhalb der Steinsalzverbreitung. Die starke Wasserführung des Lockergebirges reicht über Klüfte in den Buntsandstein. Hauptdolomit und Zechsteinkalk führen vor allem in Störungsnähe Kluftwasser, während der Lagerstättenhorizont und das Rotliegende (P1) zuflussfrei sind. Große technische Probleme ergaben sich durch die geologische Situation an den vorgesehenen Schachtstandorten. Durch intensive Klüftung sind sowohl Buntsandstein als auch Hauptdolomit stark Wasserführend, so dass Gefrierschachtverfahren und Wasserdichter Schachtausbau bis in die extreme Teufe von 800 m (oberer Werraanhydrit) erforderlich werden.
Das zunächst vorgesehene querschlägige Anfahren der Lagerstätte aus dem Liegenden (PZ/P1) musste aufgegeben werden, weil die Schachtkernbohrung H8 ab 990 m bis zu ihrer Endteufe von 1296 m wegen intensiver Klüftung quasi plastisches Rotliegendes (P1) und Prärotliegendes (P - Devonschiefer) antraf. Damit verbleibt für die Anlage der Füllorte lediglich der Werraanhydrit.
Auf Grundlage der aus den Schacht- und Felderkundungsbohrungen gewonnenen ingeneur- geologischen Daten (insgesamt über 150 Kerndaten) wurde in Zusammenarbeit mit den bereits genannten Partnern zu denen noch die TU Magdeburg (hydraulischer Transport, Spülversatz) und IMN Gliwice (Flotationsverfahren) kam, das folgende Aufschluss- und Nutzungskonzept entwickelt:
Standort der Doppelschachtanlage mit einer Erzaufbereitung zwischen beiden Teilfeldern östlich Spremberg an der B 156. Die Füllortteufe beträgt 850 m und steht im unteren Werraanhydrit. Der Aufschluss der beiden Teilfelder ist mit je einem 3 km lagen Hauptförderflachen mit Bandförderung vorgesehen. Der ausziehende Förderschacht hat eine seilgeführte Skipförderung. Der einziehende Nebenschacht ist für Seilfahrt und Materialtransport vorgesehen. Die Wetterführung (30.000 m³ / min) ist rückläufig über die Abbausohlen zum Hauptförderflachen. Bei der gemessenen Gebirgs- temperatur von 28 - 40 °C ist vor Ort eine Wetterkühlung vorgesehen.
Abbauverfahren in dem Bereich der Flöz/Mergel-Vererzung ist Strebbruchbau mit Bohr-Sprengarbeit und Ladehobel, im Bereich Flöz/Sandstein-Vererzung ist Kammerpfeilerbau mit Spülversatz vorgesehen. Bestimmt durch diese Abbauverfahren ist ein Gesamtlagerstättenausbringen von 70 % möglich. Als Erzaufbereitung ist ein Flotationsverfahren vorgesehen. Die Verarbeitung der Konzentrate erfolgt in einer Konzentrathütte im Raum Helbra.
Die Ableitung der salzhaltigen Grubenwässer wird über eine 80 km lange Salzwasserleitung zur Neiße/Oder gewährleistet.
Eckwerte für Invest-Vorentscheidung (Juni 1977):
- Jahresproduktion: 3.350 kt Erz = 46.900 t Kupferinhalt
- 301,5 kt Konzentrat mit 14 % Cu, 0,025 % Ag = 42.170 t Kupferinhalt = 40.000 t Katodenkupfer,
- Bergbau und Aufbereitung = 4.000 Arbeitskräfte,
- Produktionsdauer mit An- und Auslaufperiode = 24 Jahre.
Erforderliche Investmittel:
- für Bergbau und Aufbereitung = 3.527 Mio Mark
- Folgeinvestitionen Infrastruktur = 273 Mio Mark
- Folgeinvestition Tübbingproduktion = 141 Mio Mark
- Folgeinvestition Konzentrathütte = 650 Mio Mark
Realisierungszeit:
Bauvorbereitende Maßnhmen bis Abbauaufnahme = 18 Jahre
Selbstkosten:
11.600 M/t Katodenkupfer, davon 85 % Bergbau und Aufbereitung.
Die Aufgabenstellung der IVE wurde, nachdem bereits 1975 mit der Realisierung bauvorbereitender Maßnahmen im Zusammenhang mit den neuen Schachterkundungsbohrungen begonnen worden war, am 11.10.1979 durch Miniaterratsbeschluss bestätigt, 170 Mio Mark Investitionen, davon 50 Mio Mark Bau in den Planzeitraum 1981/85 eingeordnet und die Produktionsaufnahme auf 1993 festgelegt.
Jedoch bereits am 05.08.1980 erging die von allen unmittelbar Beteiligten mit Erschütterung aufgenommene Weisung des zuständigen Ministeriums, dass 1981/85 keine Realisierungsmöglichkeit bestehe und die Vorbereitungsarbeiten abzuschließen sind. Die Aufbauleitung war bis Ende 1980 aufzulösen. Von den 116 Gesamtbeschäftigten der Aufbauleitung befanden sich 110 Personen in Spremberg, darunter 29 Produktionsarbeiter und 47 Ingeneure. Diese Personengruppen wurden vom Bohr- und Schachtbau (BuS) Welzow übernommen. Die Erschließung des Kupfererzvorkommens im Raum Spremberg war damit für absehbare Zeit gestrichen.
Von 1970 bis zum Abschluss der Restarbeiten im Jahre 1981 wurden 90,7 Mio Mark für die Vorbereitung des Vorhabens aufgewandt, darunter 20 Mio Mark für Schacht- und 34 Mio Mark für Felderkundungsbohrungen. Davon entfielen 80 % auf bohrtechnische Leistungen, 12 % auf Bohrlochmessungen und 8 % auf die labormäßige und wissenschaftliche Auswertung. 4,5 Mio Mark waren bereits in die Baustelleneinrichtung investiert worden.
Zusammenfassendes Ergebnis:
Durch umfassende Untersuchungen konnte die rechnerische Nutzungsmöglichkeit der Kupfererzlagerstätte Spremberg nachgewiesen werden. Auf Grund der dabei festgestellten Kondition dürfte sie jedoch erst bei Wegfall der Verfügbarkeit vergleichbarer Lagerstätten in Billiglohnländern wieder ins Blickfeld wirtschaftlicher Interessen kommen.
03/2022