Grubenbrand in der Schachtanlage "Bernard Koenen" in Niederr
Zum Grubenbrand in der Schachtanlage "Bernard Koenen"
in Niederröblingen im Januar 1987
von Martin Spilker - 2007 (Übernommen von der Vereinsseite) In der Nachtschicht vom 18. zum 19. Januar 1987 brach in der Schachtanlage,"Bernard Koenen" in Niederröblingen im Flügel 53 in der 11. Sohle ein Grubenbrand mit so verheerenden Folgen aus, dass er zu den schwersten Katastrophen in der 800jährigen Geschichte des Kupferschieferbergbaus gerechnet werden muss. Drei Bergleute fanden den Tod.
In der Nachtschicht vom 18. zum 19. Januar 1987 brach in der Schachtanlage,"Bernard Koenen" in Niederröblingen im Flügel 53 in der 11. Sohle ein Grubenbrand mit so verheerenden Folgen aus, dass er zu den schwersten Katastrophen in der 800jährigen Geschichte des Kupferschieferbergbaus gerechnet werden muss. Drei Bergleute, Franz König (58 Jahre alt), Wolfgang Siegel (45 Jahre alt) und Klaus Schreiner (31 Jahre alt), fanden den Tod.
Der Zeitraum zu Beginn des Jahres 1987, in dem sich dieses Vorkommnis ereignete, war gekennzeichnet durch einen extremen Wintereinbruch mit Schneeverwehungen, strengem Frost, Glatteis, usw., so dass in der auf Braunkohle basierenden Energieversorgung der DDR erhebliche Schwierigkeiten auftraten. Das ging so weit, dass die Energielieferungen an die Betriebe kontin- gentiert wurden und sog. ,,Schwarzschaltungen" erfolgen mussten, d.h. ganze Regionen wurden nicht mit Strom versorgt. Dabei wurden selbst die Telefonnetze teilweise stillgelegt, um Strom zu sparen. Für die produzierenden Betriebe wurden Betriebspausen festgelegt, die Arbeitstage mussten abwechselnd auf die gesamte Woche verteilt und Schichtrhythmen verändert werden. Dadurch war der 19. Januar auch für die Schachtanlage ,,Bernard Koenen" ein nicht vorgesehener freier Tag. Infolge all dieser Probleme gestalteten sich die Alarmierung der Mitglieder der Grubenwehren, der Einsatzleitungen, usw. und ihr Antransport wesentlich schwieriger als unter normalen Bedingungen.
Grubenalarm wurde am 19. Januar um 01:22 Uhr ausgelöst, weil sich im Flügel 53 in der 11. Sohle in der Querbandstrecke zwischen den Einschienenförderern 5 und 7 (s. Abb.) an der Bandübergabestelle ein Gummigurtband entzündet hatte.
Infolge der oben geschilderten Verhältnisse war die Grubenwehr statt nach 15 Minuten erst nach etwa 1 Stunde über Tage mit 2 Gruppen a 5 Mann, 1 Gerätewart, 1 Oberführer und 1 Arzt, der Mindesteinsatzstärke, einsatzbereit. Bis zur Auf- nahme der Brandbekämpfung verging weitere Zeit durch die Seilfahrt und den Anmarsch unter Tage mittels Zahnradbahn und Personenzug bis zur Schadensstelle. Der Brand war beim Ein- treffen der Grubenwehr im Flügel 53 bereits aus dem Bandberg bzw. der Querbandstrecke zwi- schen den Einschienenförderern 5 und 7, die unterhalb der 11. Sohle bauten (etwa 850 m unter Gelände), über den Abhieb bis in die 11. Sohle durchgeschlagen. Die Folge war die Entzündung des Holzausbaus in der 11. Sohle, so dass er beim Eintreffen in der von der Einsatzleitung über Tage ohne exakte Kenntnis der Verhältnisse vor Ort festgelegten Bereitschaftsstelle bereits brennend auf die Lok des Transportzuges fiel. Dadurch ergaben sich zusätzliche Verzöge- rungen, denn es war nun z. B. das dort vorhan dene Telefon nicht mehr verfügbar und auch die Löschwasserversorgung war gestört. Trotzdem wurde sofort mit der Suche nach drei vermissten Kollegen begonnen und die Brandbekämpfung vorbereitet.
Ursache der Brandentstehung war menschliches Versagen, denn nach den kriminaltechnischen Ermittlungen hatten Reparaturhandwerker das Kontrollgerät des Gummigurtbandes (Bandum- laufkontrolle), das ein Weiterlaufen des Bandantriebes bei einer Blockade und damit ein Heißlaufen verhindern sollte, wegen ihrer Arbeiten am Band abgeschaltet. Sie hatten aber unterlassen, nach Beendigung ihrer Arbeiten die Abschaltung rückgängig zu machen. Als dann an der Bandübergabe durch Überschütten des Bandes mit Gesteinsmaterial eine Bandblockade eintrat, schaltete sich der Bandantrieb nicht ab und das Gummiband entzündete sich infolge Heißlaufens. Trotz Löschversuch durch andere Anwesende entwickelte sich binnen kurzer Zeit ein Vollbrand, der auch den Holzausbau erfasste. Dabei entstanden Temperaturen zwischen 1000 und 1200°C, so dass selbst das Schutzglas der stationären Beleuchtung schmolz. Das bekamen auch die Einsatzkräfte zu spüren, denn das Gestein wurde so aufgeheizt, dass man darauf nicht ruhig stehen konnte und verschiedene Wehrleute Hautverbrennungen (z. B. an den Ohren) davontrugen.
Diese hohen Temperaturen wurden auch den drei Bergleuten zum Verhängnis, die den Fluchtweg aus dem Strebbereich direkt über den Bandberg und damit über die Brandstelle gewählt hatten. Ihre Selbstretter überstanden diese Hitzeeinwirkung nicht. Die sterblichen Überreste dieser Kollegen wurden nach intensiver Brandbekämpfung, Beräumung und Sicherung des Bereiches am 22. bzw. 23. Januar unter den Bergemassen an der Brandstelle gefunden.
Eine Reihe weiterer Bergleute, die sich bei Brandausbruch im Abwetterstrom der Brandstelle in der 11. und 12. Sohle befanden, zogen sich mit angelegtem Selbstretter zum Bernard-Koenen-Schacht 2 in Nienstedt zurück und fuhren dort aus. Der Bernard-Koenen-Schacht 2 selbst war als ausziehender Schacht während des Brandes ohne Atemschutz nicht befahrbar. Aus ihm traten die Brandgase in dichten Wolken aus.
Wie schon erwähnt wurde, begann die Bekämpfung der Havarie zunächst mit der Suche nach den 3 vermissten Bergleuten unter gleichzeitigem Beginn der Brandbekämpfung. Eingesetzt wurden dazu unter schwierigen Bedingungen die nach und nach eintreffenden Grubenwehrleute der Gruben- wehren der Schachtanlagen ,,Bernard Koenen" in Niederröblingen und ,,Thomas Münzer" in Sangerhausen, insgesamt 97 Grubenwehrangehörige. Sie wurden direkt unterstützt durch den Grubenhilfsdienst (14 Mitglieder), die Ärzteschaft des Betriebsgesundheitswesens, die Betriebs- feuerwehren und viele Betriebsangehörige. Später kamen dann auch Wehrleute von hilfeleistenden Wehren dazu. Geleitet und koordiniert wurden alle Arbeiten durch den Einsatzstab, in dem auch ein Oberführer ständig anwesend war. Des Weiteren waren eine Reihe von Hilfsstäben und nicht zuletzt auch die übrigen Kombinatsbetriebe unterstützend tätig.
Im Rahmen der Havariebekämpfung waren durch die Einsatzleitung zusätzlich zu den Arbeiten an der Brandstelle selbst zur Überwachung des Brandablaufes, der Verbreitung der Brandschwaden im Grubenfeld und zur Einleitung von Maßnahmen der indirekten Brandbekämpfung (Unterbrechung der Wetterführung durch Bau von Wetterdämmen) weitere Bereitschaftsstellen über Tage am Schacht Nienstedt und in der 10. Sohle im Flügel 18 festgelegt. Sie wurden bis zur Beendigung des Einsatzes unterhalten.
Auf Anforderung der Einsatzleitung nahmen außer den oben genannten eigenen Kräften bereits vom 1. Tag des Einsatzes an bis zur Beendigung der Brandbekämpfung am 25. Januar zunehmend Grubenwehrkräfte aus folgenden weiteren Betrieben an den Einsätzen teil:
Aus eigenen (97) und hilfeleistenden Wehren (164) wurden also insgesamt 261 Gruben- wehrangehörige eingesetzt. Das erforderte eine hohe Einsatzdisziplin und Koordination, denn es mussten bei der Länge der Havariebekämpfung oft ortsfremde Gruppen mit ortskundigen Führern oder notgedrungen sogar aus mehreren Wehren gemischte Gruppen eingesetzt werden. Sie leisteten im Einsatz rund um die Uhr insgesamt 235 Einsätze mit einer durchschnittlichen Einsatzdauer von jeweils 2 Stunden, und zwar :
- in der 11. Sohle 79
- in der 10. Sohle 91
- über Tage am Schacht 2 65.
Das Brandgebiet selbst wurde nach dem Auffinden der Verunglückten bis zum 2. Februar weiträumig durch wetterdichte Dämme abgeriegelt (hermetisiert). Im übrigen Grubenfeld ging man wieder zum normalen Betrieb über. Das Brandfeld wurde erst nach mehrwöchiger Kontrolle der Wetterzusammensetzung und der Temperatur im Brandfeld unter entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen am 3. April 1987 wieder geöffnet und der insgesamt entstandene materielle Schaden in Augenschein genommen. An dieser Aktion waren nochmals 35 Mitglieder der Grubenwehren Niederröblingen und Sangerhausen, 4 Mitglieder des Grubenhilfsdienstes und 2 Ärzte beteiligt.
Während der Gesamtdauer aller in diesem Zusammenhang gefahrenen Einsätze der Grubenwehren gab es keinerlei Vorkommnisse oder Unfälle. Das spricht für die gute Ausbildung der Wehrleute und ihre Disziplin, zumal auch die Familien der Wehrleute durch die aus Gründen der sofortigen Verfügbarkeit erforderliche provisorische Unterbringung der Rettungskräfte im Betrieb intensiv betroffen waren. So konnte die erste Entlassung eines Teils der Kräfte zu einem Kurzurlaub nach Hause erst nach einer Woche gestattet werden.
Der Zustand im Bereich der Brandstelle und der sich in Richtung Bernard-Koenen-Schacht 2 anschließenden Streckenabschnitte der 11. und 12. Sohle führten zu der Entscheidung, den Abbau in diesem Abschnitt des Grubenfeldes nicht wieder aufzunehmen.
Heute ist das gesamte Grubenfeld des Reviers Sangerhausen verwahrt und geflutet und nur noch das Fördergerüst in Nienstedt ist sichtbares Zeugnis des einstigen Bergbaus. Vergessen sind dieses Ereignis und seine Opfer aber keineswegs.
03/2022