Warum es erst 1900 zur ersten Feier gekommen ist ....
Warum es erst 1900 zur ersten Feier gekommen ist ....
Die 700-Jahr-Feier des Mansfelder Kupferschieferbergbaus im Jahre 1900 war die erste Jahrhundertfeier ihrer Art, zuvor hatten keine stattgefunden. Frühere Feiern mussten schon deshalb ausfallen, weil vom Beginn des Mansfelder Bergbaus erst Cyriakus Spangenberg in seiner 1572 erschienenen „Mansfeldischen Chronica" berichtet hat. Wann genau Nappian und Neucke bei Hettstedt das Kupferschieferflöz entdeckt haben sollen, wusste allerdings auch Spangenberg nicht, weshalb er den Bericht vom sagenhaften ersten Kupferfund auf dem Kupferberg bei Hettstedt auch nicht den Ereignissen der Jahre 1199 oder 1200 zuordnete, sondern in seiner Chronik ein besonderes Kapitel einschob, das mit den Worten „Umb diese Zeit" beginnt. Gemeint war damit, dass das erste Erz auf dem Kupferberg bei Hettstedt irgendwann am Ende des 12. oder zu Beginn des 13. Jahrhunderts gefördert worden sein müsste.
Im vierten Teil der Chronik, den er Ende des 16. Jahrhunderts niederschrieb, verlegte Spangenberg die Anfänge des Mansfelder Bergbaus etwas zurück in die Zeit „nach dem 1190. Jahr". Alten Dokumenten hatte er entnommen, dass „die Bergherrn und Gewerken beneben wöch[en]tlicher Zubuße der Bergleute selber" ein Hospital auf dem Kupferberg bei Hettstedt errichtet hatten. Da dieses Hospital schon „um 1200" mit dem Siechenhaus in Arnstedt vereinigt wurde, dürfte es, so folgerte Spangenberg, bereits einige Zeit bestanden haben. Auch die Bergherrn, Gewerken und Bergleute, die das Hospital bauten, müssen schon ansässig gewesen sein.
Allerdings waren die heute bekannten Bücher des vierten Teils der Spangenberg-Chronik rund 300 Jahre verschollen. Nachdem man sie im Archiv der Wiener Hofburg aufgefunden hatte, erschienen sie im Jahre 1913 im Druck. Vom fünften Teil der „Chronica", der die Geschichte des Mansfelder Kupferschieferbergbaus beschreiben sollte, fehlt bis heute jede Spur. Es ist nicht einmal sicher, ob Spangenberg das Manuskript überhaupt begonnen hat. Für die 700-Jahr-Feier im Juni 1900 war man daher auf Spangenbergs älteren Hinweis angewiesen, nach dem das erste Kupfer um 1199/1200 gefunden worden war.
Weshalb am Ende des 16., 17. und 18. Jahrhunderts nicht an die Anfänge des Mansfelder Bergbaus und Hüttenwesens erinnert worden ist, lässt sich nur vermuten. Doch so viel ist sicher: Die erste Blütezeit des Kupferbergbaus war bereits Vergangenheit und erst Mitte des19. Jahrhunderts erreichte die Ausbeute wieder den Stand der Lutherzeit. Zudem setzte die systematische und wissenschaftliche Erforschung der Erzlagerstätten und der Geschichte des Bergbaus und Hüttenwesens erst im 18. Jahrhundert ein. Die Ausbildung von Berg- und Hüttenbeamten an der Bergakademie in Freiberg oder an der Eisleber Bergschule schuf dafür die notwendigen Voraussetzungen. Zu beruflichem Interesse und in der Praxis erworbener Erfahrung kam nun die Fähigkeit zu wissenschaftlicher Forschung, und es ist kein Zufall, dass mit Ludwig Plümicke ein Bergschullehrer damit begann, Urkunden, chronikalische Nachrichten, historische Bergordnungen und andere Dokumente zum Mansfelder Bergbau und zur Geschichte der Grafschaft Mansfeld zu sammeln und zu studieren. In seiner Bibliothek standen z.B. Bierings „Beschreibung des Mansfeldischen Bergwerks" (1734), die „Meißnische Land- und Bergchronik" des Albinus (1589), die „Metallische Probierkunst" (1697) und natürlich auch die Spangenberg-Chronik. Was Plümicke und andere, vor allem die Mitglieder des „Wissenschaftlichen Vereins" und des „Vereins für Geschichte und Altertümer der Grafschaft Mansfeld" an Wissen zusammentrugen, fand durch Veröffentlichungen undVorträge, die Gründung von Bibliotheken und Museen weite Verbreitung und wurde zum festen Bestandteil der Mansfelder Kultur. Auf diesem geistigen Fundament konnten die Organisatoren der 700-Jahr-Feier am 12. und 13. Juni 1900 aufbauen. Hinzu kam, dass seit1815 das gesamte Mansfeld preußisch war und sich im Jahre 1851 die „Mansfeld'sche Kupferschiefer bauende Gewerkschaft" gegründet hatte. Noch im Jahre 1800 hätten sich fünf Gewerkschaften auf gemeinsame Veranstaltungen einigen und dabei die unterschiedlichen politischen Interessen Preußens und Sachsens bedenken müssen - ein unmöglich erscheinendes Unterfangen. Nach dem Jahre 1851 hatte der Kupferschieferbergbau zu dem einen früher nicht für möglich gehaltenen Aufschwung genommen, der zu einigem Stolz berechtigte. Immerhin war die Mansfeld'sche Kupferschiefer bauende Gewerkschaft zu diesem Zeitpunkt das bedeutendste private deutsche Bergbauunternehmern, eine Rangstellung, die eine aus Selbstbewusstsein geborene Feier geradezu herausforderte.
1/2019