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[040] Halde Johannashall


Hinterlassenschaft der Förderung von Kalisalzen im Ostteil der Mansfelder Mulde Anfang des 20. Jahrhunderts.



Objektbeschreibung

Halde Johannashall, aufgenommen vom Bismarckturm in Wettin (Foto P. Keck)

Nach dem Bekanntwerden zahlreicher Kali- und Steinsalzfunde durch Bohrungen der Mansfeldschen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft im westlichen und mittleren Teil der Mansfelder Mulde um 1890 und den sich daraus ergebenden vorteilhaften wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten begannen mehrere Bohrgesellschaften im Ostteil der Mansfelder Mulde ebenfalls Erkundungsbohrungen durchzuführen. Ziel dieser Maßnahmen war es, Kali- und Steinsalzvorräte für eine ebenfalls Gewinn bringende Verwertung nachzuweisen, diese für einen zukünftigen Abbau zu sichern und somit die weitere Ausdehnung der Einflusssphäre der Mansfelder Gewerkschaft zu verhindern.

Die im Jahre 1894 gegründete Schutzbohrgesellschaft Johanna konnte im Raum Beesenstedt-Trebnitz in 430 m bis 660 m Tiefe abbauwürdige Kali- und Steinsalzvorräte unterschiedlichster Mächtigkeiten nachweisen. Die Nutzungsrechte wurden 1899 der neu gegründeten Gewerkschaft Johannashall übertragen, die nach dem Geländeerwerb im Bereich der heutigen Ortslage Johannashall im Jahre 1899 mit dem Niederbringen des Schachtes Kurt begann.

Erhebliche Wasserzuflüsse aus der Grundwasserführung des Buntsandsteines führten bei ca. 80 m Tiefe zum Stillstand der Schachtabteufarbeiten. Zur Ableitung dieser im Schachtbereich zusitzenden Wässer begann man von der Talsohle in Saalenähe einen Stollen ansteigend in Richtung des Schachtes Kurt aufzufahren. Dieser „Henriettestollen“ war projektmäßig für Material- und Produktetransporte bis zu einer werkseigenen 280 m langen Kaianlage am linken Saaleufer bereits vorgesehen. Die Länge des Stollens betrug ca. 720 m. Heute ist er verbrochen. Nach dem Durchschlag des Stollens im Schachtbereich konnten im Verlauf die Schachtabteufarbeiten wieder weiter geführt werden und wurden im Jahre 1902 bei einer Schachttiefe von 555 m abgeschlossen.

Die Arbeiten der Jahre 1903/04 umfassten im wesentlichen die Aus- und Vorrichtung der Lagerstätte, den Bau der Tagesanlagen des Schachtes, einer Chlorkaliumfabrik mit Kieseritgewinnungs- und Sulfatanlage, eines Wasserkraftwerkes an der Saale zur Eigenenergieerzeugung, der Werkswohnungssiedlung Johannashall und eines Bahnanschlusses zum Bahnhof Beesenstedt der Halle–Hettstedter Eisenbahn.

Die Wohnsiedlung Johannashall ist heute noch als Ortsteil der Gemeinde Kloschwitz existent, ebenfalls ist das Wasserkraftwerk an der Saale noch in Betrieb.

Die Lagerstätte weist stark gestörte salztektonisch bedingte Ablagerungsverhältnisse vorwiegend am Carnallitit mit Hartsalzeinlagerungen bestehend auf. Ihr K2O-Gehalt lag durchschnittlich bei 9 – 12 %. Ende 1904 wurde die Kaliproduktion im Umfang von ca. 5000 t/a aufgenommen.

Bergbehördliche Forderungen nach einem zweiten Schacht als Fluchtweg und günstigere Ablagerungsverhältnisse westlich des Abbaufeldes Johannashall führten zur Abteufung eines neuen Schachtes südlich der Ortslage Beesenstedt durch die neu gegründete Gewerkschaft Kaliwerk Wils in den Jahren 1908 bis 1911. Die Schachtanlage Wils erreicht eine Teufe von 651 m. Im Jahre 1912 wurden beide Schachtanlagen in 400 m Tiefe durch einen Querschlag verbunden. Neben geringer Produktenförderung diente die Schachtanlage Wils hauptsächlich als Wetterschacht und Fluchtweg im Gefahrenfall für beide Bergwerke.

Während der Laufzeit der Schachtanlagen führten die komplizierten Abbauverhältnisse zu fortlaufenden technologischen Änderungen und damit zu höheren Betriebskosten im Vergleich zu anderen Kaliwerken des sächsisch-thüringischen Raumes. Verbunden mit den Beschränkungen der Förderquoten nach den Bestimmungen des Reichskaligesetzes von 1910 sah sich der Salzdetfurth-Konzern veranlasst, beide Schachtanlagen schon 1922 still zu legen. Innerhalb weniger Jahre waren die Grubenbaue mit zusitzenden Grundwasser erfüllt.

Bemerkenswert ist heute die noch die weithin sichtbare Kalirückstandshalde Johannashall mit ihrer Haldenspitze auf ca. 195 m über Normalnull als markante Landmarke anzusehen, deren Verfärbung von weiß bis grau in Abhängigkeit von der Luftfeuchtigkeit sich ständig ändert.

Die Zusammensetzung des Haldenmaterials von Buntsandstein über Canallitit bis zu Steinsalzresten lässt weitestgehende Rückschlüsse auf die abgebaute Lagerstätte zu.

Die zahlreich vorhandenen Fundament- und Mauerwerksreste lassen die Dimension der ehemaligen Anlage erahnen. Die bewohnten Gebäude der Werkssiedlung lassen den Architekturstil der Jahrhundertwende in ihrer Unterscheidung von Beamtenwohnhäusern und denen für die übrige Belegschaft erkennen.

Am Ende des Ortsteils betreibt die Evangelische Stadtmission e.V. ihr Heim für Behinderte „Haus Rungelt“ in teilweise neuen modernen Gebäuden.

Vom Haldenfuß aus kann man in östlicher Richtung die Stadt Wettin mit den zahlreichen Halden des ehemaligen Steinkohlenabbaus im Hintergrund und das Saaletal als beeindruckendes Landschaftspanorama überblicken.


Zahlen und Fakten

Die Halde liegt im ehemaligen Betriebsgelände des stillgelegten Kaliwerkes Johannashall im Bereich der heutigen Siedlung Johannashall, einem Ortsteil der Gemeinde Trebnitz, an der Kreisstraße K 2116 Zaschwitz-Beesenstedt gelegen. Die Entfernung von beiden Orten beträgt ca. 2 km.

Gesicherte Angaben über die wirtschaftlichen Daten beider Schachtanlagen sind nicht mehr verfügbar. Zur Gestaltung der Grubenbaue und ihre bergbausicherheitliche Bewertung kann in begründeten Fällen auf das Aufsichtrisswerk der Bergaufsichtsorgane des Landes Sachsen-Anhalt verwiesen werden.


Zeittafel

 

[040] Zeitpunkt bzw.  von  bis Ereignis
  1894   Gründung der Bohrgesellschaft Johanna zur Mutung von Kalisalzen und Kupferschiefervorkommen im Ostteil der Mansfelder Mulde
       
  1895   Nach 1895 Durchführung von Tiefenbohrungen in den Gemarkungen Zaschwitz, Closchwitz, Beesenstedt, Zörnitz, Schwittersdorf und Trebnitz
       
  08.1899   Übertragung der Mutungsrechte an die neu gegründete Gewerkschaft Johannashall 
       
  10.1899   Beginn der Abteufarbeiten Schacht Kurt
       
  03.1900   Unterbrechung der Abteufarbeiten und Auffahrung Henriettestollen
       
  01.1903   Fertigstellung Henriettestollen mit Durchschlag Schachtröhre Kurt. Weiterführung der Schachtteufarbeiten
       
  09.1902   Fertigstellung der Schachtteufarbeiten Schacht Kurt und Beginn der Aus- und Vorrichtung unter Tage 
       
  1903 1904 Bau und Fertigstellung der übertägigen Betriebsanlagen, des Wasserkraftwerkes und der Wohnsiedlung Johannashall 
       
  05.1904   Aufnahme der Kaliproduktion
       
  1909   Beginn der Abteufarbeiten Schachtanlage Kaliwerk Wils
       
  1911   Beendigung der Teufarbeiten Schacht Wils
       
  1912   Herstellung der Untertageverbindungsstrecke Wils-Kurt
       
  1922   Einstellung der Förderung in beiden Schächten
       
  1953   Übernahme der Gruben einschließlich des Grundbesitzes durch das Kaliwerk Deutschland zum Zwecke der Überwachung und Unterhaltung
       
  1984 1985 Abdeckelung der Schachtröhren beider Schächte

 

(Letzte Aktualisierung: November 2018)


Bildergalerie

 

 

 

Bild 1 Halde Johannashall (Foto P. Keck)
Johannashall (Foto Mansfeldarchiv)
Bild 4 Halde Johannashall (Foto P. Keck)
Bild 3 Halde Johannashall (Foto P. Keck)
Bild 2 Halde Johannashall (Foto P. Keck)

Weitere Informationen

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